Insektennahrung bezeichnet Lebensmittel, die klassische Fleischsorten als Proteinquelle ersetzen können und dabei weniger klimaschädlich und ressourcenintensiv sind. In der Praxis werden beispielsweise Heuschrecken, Grillen, Mehlwürmer und andere Insektenlarven verarbeitet.
Mit der Produktion von Insekten als alternative Proteinquelle werden unterschiedliche Motive verfolgt. Dazu gehören die Steigerung der Nachhaltigkeit[1] durch einen geringeren Ressourcenverbrauch, die Förderung regionaler Proteinquellen[2] sowie die Verringerung von klimaschädlichen Treibhausgasen und die Reduzierung des Wasserverbrauchs[3]. Insekten weisen einen sehr hohen Proteingehalt auf und liefern wichtige Nährstoffe wie Eisen oder Magnesium, während sie nur einen Bruchteil der Ressourcen (Fläche, Futtermittel und Wassers) benötigen, die für die konventionelle Tierhaltung notwendig sind.[4] Zudem liegen die Treibhausgasemissionen deutlich unter jenen der klassischen Fleischproduktion: “Verglichen mit der Schweinehaltung produzieren Mehlwürmer pro Kilogramm Körpermasse zehn bis hundertmal weniger klimaschädliche Gase”[5]. Ihre Ressourceneffizienz macht Insekten auch als Futtermittel für die konventionelle Fleisch- und Fischerzeugung interessant (→ Alternative Proteinfuttermittel).
Kriket, Wurmfarm, ZIRP, SENS, Terraz Food, Finsect, Griidy,Savonia Grasshopper, micronutris, Insekterei
Produktion, Handel, Konsum
Lebensmittelproduzenten und -produzentinnen, Konsumenten und Konsumentinnen, Gastronomie, LEH
Während Insekten (und Algen) in anderen Teilen der Welt traditionell als Lebensmittel genutzt werden, ist deren Verarbeitung, Handel und Konsum in Europa noch recht jung[6]. Dies liegt mitunter an den erst kürzlich veränderten Lebensmittelbestimmungen der EU[7], aber auch an der kulturellen Wahrnehmung von Insektennahrung in den westlichen Ländern[8].
Spätestens mit der neuen EU-Verordnung ist auch in Europa eine neue Dynamik entstanden. Forschung, Produktinnovationen und Gastronomieangebote im Bereich der Insektennahrung sind in vielen europäischen Ländern wie den Niederlanden, Dänemark, Belgien und Frankreich zu beobachten. Dabei werden Insekten häufig als verarbeitete Zutat - z.B. in Form von Mehl-Produkten beigemischt.
Problematisch ist die Insektennahrung besonders aus ethischer Sicht. Auch wenn keine Beweise für die Fähigkeit von Insekten, Schmerzen zu empfinden, vorliegen[9], werden für die Insektennahrung deutlich mehr Lebewesen gehalten und getötet, als dies für die Produktion vergleichbarer Mengen klassischen Fleisches nötig ist. Welche Standards für die Insektenzucht bezüglich des Tierwohls gelten, muss noch verhandelt werden[10].
Aufgrund strenger Lebensmittelsicherheitsstandards ist es in der EU zurzeit nicht erlaubt, organische Reststoffe, ehemalige Lebensmittel oder Cateringrückflüsse für die Fütterung von Insekten wiederzuverwerten. Sollten sich diese Bedingungen in den nächsten Jahren anpassen, so könnte sich dies positiv auf einen geschlossenen Nährstoffkreislauf und die Umweltbilanz insgesamt auswirken.[11]
Risiken birgt die Insektennahrung auch dann, wenn die Produktion im Ausland angesiedelt ist. Dort können durch den westlichen Konsum entstehende höhere Nachfragen und Preisanstiege die lokalen Märkte angreifen und die traditionelle Ernährung der lokalen Bevölkerung beeinträchtigen[12]. Zudem kann die Produktion im Ausland mit den üblichen Schwierigkeiten wie z.B. der Ausbeutung von Arbeitern und Arbeiterinnen, Landgrabbing und erhöhtem Ressourceneinsatz durch den Transport einhergehen.
[1] Sensbar (2018): Why Crickets?. SENS Cricket Flour Bars. Web, 13.10.2019. https://www.sensbar.com/en/why-crickets; ZIRP Insects. (o. J.): Wieso Insekten essen? Web, 13.10.2019. https://www.zirpinsects.com/wieso-insekten/
[2] Die Wurmfarm (2019): Mehlwurmzucht in Österreich. Web, 13.10.2019.https://www.diewurmfarm.at/
[3] Kriket Blog (o. J.): Crickets. Web, 13.10.2019. https://kriket.be/crickets
[4] Rempe, C. (2014): Hui oder pfui: Insekten in der menschlichen Ernährung. Ernährung im Fokus 14(07-08), S.198–202
[5] ebd.
[6] Smith, R. & Barnes, E. (2015): PROteINSECT Consensus Business Case Report ‘Determining the contribution that insects can make to addressing the protein deficit in Europe’. Minerva Health & Care Communications Ltd. Abrufbar unter: http://www.proteinsect.eu/fileadmin/user_upload/deliverables/PROteINSECT_CBC_FINALv1.pdf S. 16ff.
[7] Novel Food-Verordnung ( EU ) 2015/2283
[8] Van Huis, A. et al. (2013): Edible Insects: Future Prospect for Food and Feed Security. Rome: FAO. S. 35f.
[9] Erens, J. et al. (2012): A bug's life: Large-scale insect rearing in relation to animal welfare. Wageningen University. S. 37ff.
[10] ebd. S. 51
[11] Umweltbundesamt et al. (2019): Trendanalyse „Fleisch der Zukunft“. Umweltpolitische Handlungsoptionen für die Gestaltung von pflanzenbasierten, insektenbasierten und In-vitro produzierten Fleischersatzprodukten. Inputpapier für den Expertenworkshop „Fleisch der Zukunft“ am 17.9.2019 in Berlin. 27. September 2019. S.13
[12] Müller, A. (2018): Insekten essen, um den Kapitalismus zu retten? Web, 13.11.2019. www.ernaehrungswandel.org/informieren/artikel/detail/insekten-essen-um-den-kapitalismus-zu-retten