Steckbrief des Projekts "Sozial-ökologische Transformation des Ernährungssystems"
Waldgärten (›Food Forests‹) nutzen zumeist mehrjährige Pflanzen auf mehreren Ebenen zur Lebensmittelproduktion. Sie sind weniger über ihre Größe, als über ihren Aufbau und ihr Design mit essbaren Bäumen, Sträuchern, Kletterpflanzen und Bodendeckern, zuweilen auch unter Einbezug von Tierhaltung, definiert. In Zonen mit wenig Lichteinfall würden sich Agroforstsysteme vergleichsweise besser eignen, da hier bei Waldgärten der mittlere Anbauteil relativ ertragsarm wäre, und Agroforstsysteme im Vergleich zu Waldgärten eine dauerhafte und ertragsreichere Gehölzformation unterstützen. Größere Waldgärten können ›essbare Ökosysteme‹ bilden, welche neben Ökosystemleistungen auch andere Nachhaltigkeitsfunktionen (Arbeitsplatz, Klimaschutz, etc.) erfüllen.
Waldgärten können eine stark selbst-regulierende, ökologische und vielfältige Art des Lebensmittelanbaus darstellen. Sie sind indigene Formen von sehr biodiverser Agroforstwirtschaft, die vermutlich vor 3.000-4.000 Jahren von der Mayakultur im tropischen Klima entwickelt wurden[1] und heute ein zentrales Konzept der Permakultur darstellen. Über geschicktes Design und Management können heute auch im gemäßigten Klima wirtschaftliche Erträge, zumeist von kleinen Unternehmen, oder ein hoher Anteil an Selbstversorgung von Haushalten erreicht werden.[2] Waldgärten finden sich sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum und dienen zumeist der Ernährung, Bildung, Erholung, Ästhetik und/oder dem Gemeinschaftssinn.
Essgarten (Winkelsett, bei Bremen); Allmende Waldgarten (Verden, bei Bremen), SoLaWi Waldgarten (Kyritz, bei Berlin); Café Botanico (Berlin); Spreeacker (Berlin); Waldgarten Hotel Haferland (Wiek a. Darß)
Produktion (Nutzerpraktiken, Produkte), Konsum (Nutzerpraktiken)
Produzenten und Produzentinnen, Konsumenten und Konsumentinnen
In Deutschland entstanden die ersten, experimentellen Waldgärten Anfang der 90er Jahre, teilweise unbewusst über die Sammlung essbarer Gehölze und teilweise bewusst durch die aus Australien und England kommende Permakultur-Bewegung.
Im deutschsprachigen Raum sind Waldgärten noch relativ unbekannt im öffentlichen Diskurs. Von den vermutlich 40+ Waldgärten in Deutschland sind die meisten ab 2010 entstanden und erleben zurzeit einen dynamischen Gründungsanstieg. Barrieren für eine weite Verbreitung sind u.a. fehlende Anreize und Unterstützungsmechanismen für Waldgärten und langzeit-orientierte Landnutzung, hohe Erstinvestition bei anfänglich geringerem Ertrag, hohe erforderliche Design- und Anbaukompetenz, etablierte Ernährungsgewohnheiten und wenige wirtschaftliche Konzepte für vielseitige und kleinteiligere Ernte- und Vermarktungssysteme.
Es entstehen ökonomische Nachteile durch höhere Arbeitskosten und Anfangsinvestitionen bei der Bewirtschaftung, während Erträge erst sehr spät abgeworfen werden. Die Vielzahl an Produkterträgen verlangt ein breites Vermarktungswissen. Hürden für die erwünschte breite Anwendung stellen primär der Wegfall von Subventionen bei der Umstellung von konventionellen Betrieben auf Waldgärten und die unpassend ausgelegten rechtlichen Rahmenbedingungen für Landnutzungsformen dar.
Waldgärten nutzen zumeist mehrjährige Pflanzen auf mehreren Ebenen zur Lebensmittelproduktion. Sie definieren sich über ihren Aufbau und ihr Design mit essbaren Bäumen, Sträuchern, Kletterpflanzen und Bodendeckern, zuweilen auch unter Einbezug von Tierhaltung. Das Waldgartenkonzept ist höchst nachhaltig und die Effekte langfristig. Allerdings wirft es erst nach ca. 10-15 Jahre Erträge ab, weshalb es noch nicht viele Praxisbeispiele in Deutschland gibt. Das klassische Waldgartenkonzept eignet sich vor allem für die Selbstversorgung, den Privatgarten oder für öffentliche Parks und Grünflächen, die Städtern und Städterinnen zugutekommen können. Damit mit Waldgärten und dessen nachhaltigen Effekten auch häufiger experimentiert werden kann, ist es zwingend notwendig, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für Landnutzungsformen angepasst werden und Subventionen bei der Umstellung von konventionellen Betrieben auf Waldgärten nicht wegfallen.
[1] Ford, A; Nigh, R (2009): Origins of the Maya Forest Garden: Maya Resource Management. Journal of Ethnobiology, 29(2), S. 213- 236.
[2] Géhin (2017): Peut-on vivre d’une forêt-jardin? Rapport technico-économique N°1; Remiarz, T. (2017): Forest Gardening in Practice. An Illustrated Practical Guide for Homes, Communities and Entreprises