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Heute Nische, morgen Mainstream?

Du bist auf der Suche nach Inspiration und frischen Ideen für die Umgestaltung unseres Ernährungssystems? Diese Seite ist eine Fundgrube für innovative Konzepte und Modelle aus allen Prozessstufen der Lebensmittelkette. Sie alle sind in der Praxis bisher wenig verbreitet bzw. stellen sie nur einen kleinen Teil des Ernährungssystems dar, dennoch haben sie das Potenzial, unser Ernährungssystem nachhaltig zu verändern. In kurzen Steckbriefen werden die Funktionsweisen der Nischenkonzepte erklärt und deren Ziele, Entwicklungsstand, Potenziale und mögliche Nachteile beleuchtet. Die Steckbriefsammlung stammt aus zwei abgeschlossenen Forschungsprojekten:

  • TransfErn, in welchem unter anderem transformative Nischen des Ernährungssystems identifiziert und deren Umweltentlastungspotenzial eingeschätzt wurde
  • NEuropa, in welchem solche Nischeninnovationen aus ganz Europa zusammengetragen wurden, die in Deutschland noch verhältnismäßig unbekannt sind.

Der Begriff ›Agrarökologie‹ (auch ›Agroökologie‹) bezeichnet international eine Wissenschaft, Bewegung und Praxis, die auf eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Umgestaltung der Landwirtschafts- und Ernährungssysteme abzielt.

Der Begriff Agroforstsystem bezeichnet eine Landnutzungsform, bei der Bäume und Sträucher mit Ackerpflanzen und/oder Tierhaltung auf derselben Fläche kombiniert werden, um von den ökologischen und ökonomischen Interaktionen zu profitieren

Alternative Proteinfuttermittel umfassen Rohstoffe, die alternativ zu typischen Kraftfutter-Grundlagen wie Mais, Soja und Weizen für die Fütterung von Nutztieren verwendet werden.

Zu den alternativen Verpackungsmaterialien zählen Stoffe, die erdöl- oder erdgasfrei hergestellt werden, aus nachhaltigen (nachwachsenden) oder sekundären Rohstoffen bestehen, rückstandsarm und leichter kompostierbar oder essbar sind.

Der Begriff Aquaponik ist eine Zusammensetzung aus ›Aquakultur‹ und ›Hydroponik‹. Er bezeichnet ein landwirtschaftliches Produktionssystem, in dem die Aufzucht von Fischen in einer kreislaufbasierten Aquakultureinheit mit dem hydroponischen Anbau von Nutzpflanzen kombiniert wird.

In Bio-Restaurants werden ausschließlich oder größtenteils Speisen und Getränke in Bioqualität angeboten. Meist wird dabei auch auf Regionalität und Saisonalität geachtet. Daneben gibt es auch gastronomische Betriebe, in denen einzelne Gerichte oder Komponenten in Bio-Qualität angeboten werden.

Der Bio-Distrikt (bzw. die Öko-Region) bezeichnet ein Gebiet, in dem Landwirte und Landwirtinnen, Konsumenten und Konsumentinnen, Behörden, lokale Trainings- und Forschungszentren, Verbände und Reiseveranstalter eine Vereinbarung über die nachhaltige Bewirtschaftung und Verwendung lokaler Ressourcen.

Als biointensive Landwirtschaft (auf Englisch ›Market Gardening‹ oder ›Micro Farming‹, auf Französisch ›Maraîchage‹) bezeichnet man bestimmte biologische Anbausysteme, mit denen auf kleinster Fläche mit einfacher Technik und hoher Effizienz pro Fläche Gemüse erzeugt wird. In biointensiven Systemen kommen Methoden zum Einsatz, die gleichzeitig den Ertrag steigern und die Bodenfruchtbarkeit erhalten und erhöhen[1].

Als bio-vegane Landwirtschaft wird ein ökologischer Landbau bezeichnet, der auf die Haltung von Nutztieren sowie die Verwendung tierischer Betriebsmittel (Dünger, Präparate) verzichtet und damit versucht, die Landwirtschaft vollkommen vom Sektor der tierischen Produktion abzukoppeln.

Der biozyklisch-vegane Anbau (auch ›veganer Ökolandbau‹ oder ›bio-vegane Landwirtschaft‹), im Englischen ›Biocyclic vegan farming‹, ›biodynamic vegan agriculture‹ oder ›veganic agriculture‹ (als Kombination von ›vegan‹ und ›organic‹), verzichtet beim ökologischen Anbau veganer Lebensmittel vollständig auf Tierhaltung und den Einsatz tierischer oder synthetischer Betriebsmittel.

Es werden Wiesenblumen- und Wildkräutersamen auf Seitenrändern von Autobahnen, öffentlichen Flächen, Parks, Gärten, Wiesen und zwischen Feldern sowie in Siedlungsgebieten gestreut, um lebendige Lebensräume für wildlebende Insekten zu schaffen.

Bodengenossenschaften und zum Teil auch Stiftungen stellen Landwirten und Landwirtinnen Land zur Verfügung, welches diese nach festgelegten Kriterien bewirtschaften. Während Genossenschaften Geld aus den Anteilen ihrer Mitglieder zum Landkauf nutzen, erhalten Stiftungen Land durch Schenkungen oder finanzieren es aus Spendengeldern.

Die Begriffe Digital Farming, Smart Farming und Landwirtschaft 4.0 bezeichnen den Einsatz von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien in der Landwirtschaft. Die Digitalisierung der Landwirtschaft wird auch die ›Dritte Grüne Revolution‹ genannt.

Als ›Effektive Mikroorganismen‹ oder kurz ›EM‹ bezeichnet man gezielt zusammengestellte Mischungen von natürlich vorkommenden Mikroorganismen, mit denen mitunter Pflanzen und Böden geimpft werden, um die Bodenqualität und das Pflanzenwachstum zu verbessern.

Ernährungsräte sind innovative Foren verschiedener Akteursgruppen, die für einen Wandel des Ernährungssystems auf der lokalen Ebene eintreten. Mit dem Ziel, die Lebensmittelversorgung in Städten zukunftsfähig und gerecht zu gestalten, stellen die meist aus der Zivilgesellschaft gegründeten Gremien einen Dialog zwischen Politik, Verwaltung, Landwirten und Landwirtinnen, Handel, Gastronomie und Verbrauchern und Verbraucherinnen her.

Der Begriff ›essbare Stadt‹ bezeichnet ein Städtekonzept, bei dem auf öffentlichen, gut zugänglichen Flächen Obst, Gemüse und andere Nutzpflanzen angebaut werden, die dann für alle Menschen frei zur Verfügung stehen.

Als Fleischersatz werden Produkte bezeichnet, die geschmacklich, in der Konsistenz oder vom Eiweißgehalt her Fleisch ähnlich sind; teilweise können sie auch tierische Zutaten enthalten.

Foodcoops (auch: Lebensmittelkooperativen) sind Zusammenschlüsse von Personen und Haushalten, die Lebensmittel selbstorganisiert beziehen. Die Gemeinschaften sind selbstverwaltet und nicht gewinnorientiert, die anfallende Arbeit übernehmen die Mitglieder selbst.

Beim Foodsharing werden ungewollte und überproduzierte Lebensmittel, die andernfalls entsorgt werden würden, eingesammelt und an Menschen verteilt, die diese konsumieren.

Gemeinschaftsgärten sind Gärten, die kollektiv von einer Gruppe Menschen betrieben werden, die meist keinen professionellen gärtnerischen Hintergrund haben. Häufig befinden sie sich in Innenstädten und nutzen brachliegende Flächen.

Hofaktien (auch: Kuhaktien, seltener Hühneraktien, Schweineaktien) sind streng genommen meist keine Aktien, sondern Genussscheine. Für einen festgelegten Betrag können Anleger diese Wertpapiere erwerben und erhalten im Gegenzug Zinsen, meist in Form einer Naturalrente, manchmal wahlweise auch als Auszahlung.

Ein ökologisches Sanitärsystem (auf Englisch ›Humanure‹) sieht dasRecyceln von menschlichen Fäzes und Urin u.a. für die Deckung offener Nährstoffbedarfe in der Landwirtschaft vor. Dabei werden die Sekundärressourcen durch Kompostierung oder technische Aufbereitung zu Düngemitteln, Futtermitteln oder Brennstoff wiederverwertet.

In-Vitro-Fleisch ist Fleisch, das im Labor erzeugt wird. Dazu werden Stammzellen aus Muskelzellen aus dem Gewebe eines lebenden Tieres entnommen und in einer Nährlösung vermehrt.

Insektennahrung bezeichnet Lebensmittel, die klassische Fleischsorten als Proteinquelle ersetzen können und dabei weniger klimaschädlich und ressourcenintensiv sind. In der Praxis werden beispielsweise Heuschrecken, Grillen, Mehlwürmer und andere Insektenlarven verarbeitet.

Nutzer und Nutzerinnen können übriggebliebenes Essen zu reduziertem Preis per App erwerben. Dabei können, je nach Konzept, einzelne Lebensmittel von Supermärkten und/oder ganze Mahlzeiten von Restaurants verkauft werden.

Mobile Schlachthöfe sollen Tieren den langen Weg und den damit verbundenen Stress auf dem Weg zum Schlachthof ersparen. Dank eines Betäubungsstandes und eines Schlachtanhängers wird ein Teil der eigentlichen Schlachtung (Töten und Entbluten) auf dem gewohnten Hof des Tieres durchgeführt.

Nachhaltige Wasserkreisläufe umfassen Ansätze zur nachhaltigen Stärkung des Wasserhaushalts, die in Ernährungssysteme integriert werden können. Dazu zählen Wasserfilterung, Wasseraufbereitung, Meerwasserentsalzung, Regenwassergewinnung (auf Englisch ›Water-Harvesting‹), Wasser-Retentionsräume und Gestaltungsentwürfe wie das Keyline-Design.

Unter Direktvermarktung wird der Verkauf selbsterzeugter landwirtschaftlicher Produkte verstanden. Bei Online-Direktvermarktung können Kunden und Kundinnen im Internet, zum Beispiel auf einer Website des Erzeugers, Lebensmittel bestellen, die sie dann nach Hause oder zu festgelegten Abholorten geliefert bekommen.

Vereine bieten Open Source Plattformen an, über die landwirtschaftliche Betriebe Anleitungen für den Bau von technischen Hilfsmitteln beziehen können. Es werden auch Schulungen (ca. 2-5 Tage), Events und Seminare zur Herstellung von Werkzeugen und Maschinen organisiert.

Samenbanken oder auch Saatgutbibliotheken bezeichnen die Sammlung und Kategorisierung von Saatgut natürlicher und für die Landwirtschaft gezüchteter Pflanzensorten sowie die Erfassung zugehöriger Daten (z.B. Fundort, botanische Einordnung oder genetische Abstammung).

Partizipative Bewertungssysteme zielen darauf ab, Menschen, die Lebensmittelprodukte produzieren und/oder konsumieren direkt in deren Bewertungs- und Zertifizierungsprozesse mit einzubeziehen, anstatt die Zertifizierung von Drittanbietern vornehmen zu lassen.

Precycling ist eine Nutzerpraxis, bei der versucht wird, Lebensmittel möglichst ohne Einwegverpackung einzukaufen bzw. zu verkaufen. Diese innovative Form des Lebensmitteleinzelhandels kann verschiedene Ausprägungen haben.

Re-/Upcycling von Lebensmittelabfällen umfasst eine Bandbreite an Innovationen, die sich mit der Weiterverwendung von Abfällen zu neuen Produkten befassen. Die erzeugten Produkte reichen von Schuhsohlen aus alten Kaugummis über 3D-gedruckte Becher aus Orangenschalen bis hin zu Bio-Plastik aus Fischabfällen.

Regenerative Landwirtschaft (auch ›Carbon Farming‹) ist ein Überbegriff für Landnutzungsformen und landwirtschaftliche Techniken, deren Gemeinsamkeit darin besteht, geschädigte Böden zu regenerieren und gleichzeitig Nahrungsmittel, Futter, Rohstoffe, Wirkstoffe und Energie zu liefern.

Regionalwert-AGs ermöglichen eine regionale, ökologische Produktion von Lebensmitteln, indem sie mithilfe von Bürgeraktien besonders nachhaltig wirtschaftende Betriebe aus Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel und Gastronomie finanzieren.

In silvopastoralen Agroforstsystemen werden Gehölze mit Weideflächen und Tierhaltung kombiniert. Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten variieren in Intensität, Fläche und Kombinationen von Nutztier- und Gehölzarten.

In einer Gemeinschaft werden für den Abfall bestimmte Lebensmittel aus dem Einzelhandel gerettet und an Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten verteilt oder gemeinsam zu einem anschließenden Abendessen verarbeitet.

In der Solidarischen Landwirtschaft (kurz SoLaWi) schließt sich je ein (meist ökologisch wirtschaftender) landwirtschaftlicher Betrieb oder eine Gärtnerei mit einer Gruppe privater Haushalte zusammen.

Die soziale oder integrative Landwirtschaft beschreibt Konzepte multifunktionaler landwirtschaftlicher Betriebe oder Gärtnereien. Bei allen Aktivitäten werden Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen integriert.

Als vegane Ernährung wird ein Konsumverhalten bezeichnet, das sich auf den Verzehr von in der Zusammensetzung rein pflanzlichen Produkten beschränkt und somit bewusst auf den Konsum von Lebensmitteln mit tierischen Inhaltsstoffen verzichtet.

Vertical Farming ist eine Unterkategorie des ZeroAcreage Farming, auch ›ZFarming‹ genannt. Letzteres beschreibt Formen der urbanen Landwirtschaft, die ohne die Nutzung herkömmlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen auskommen.

Bei dem Vertrieb nicht marktfähiger Lebensmittel werden Produkte, die als nicht mehr verkaufsfähig gelten, auf unterschiedliche Art und Weise erneut in die Wertschöpfungskette aufgenommen.

Waldgärten (›Food Forests‹) nutzen zumeist mehrjährige Pflanzen auf mehreren Ebenen zur Lebensmittelproduktion. Sie sind weniger über ihre Größe, als über ihren Aufbau und ihr Design mit essbaren Bäumen, Sträuchern, Kletterpflanzen und Bodendeckern, zuweilen auch unter Einbezug von Tierhaltung, definiert.

Als Zweinutzungshühner werden Hühnerrassen bezeichnet, die sich sowohl zur Produktion von Eiern als auch von Fleisch eignen. Somit können neben den Legehennen auch die männlichen Küken aufgezogen und als Masthähnchen genutzt werden.