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Agrarwende jetzt!

Im Jahr 2020 wird die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) erneuert. Grund genug, schon jetzt auf das Thema aufmerksam zu machen. Subventioniert durch etwa 50 Milliarden Euro, ist es genau diese GAP, die Jahr für Jahr entscheidet, welche Landwirtschaft sich lohnt. Unterstützt wird aktuell vor allem, wer viel Land besitzt, nicht wer das verfügbare Land sauber und nachhaltig bewirtschaftet. Das muss sich ändern! Deshalb haben wir junge Landwirt*innen gefragt, was sie sich von der GAP wünschen.

Wer, was und wann

Slow Food Youth ist die Jugendbewegung von Slow Food Deutschland e.V.. Durch verschiedene Aktionen wollen wir insbesondere junge Menschen über das aktuelle Lebensmittelsystem aufklären und aufzeigen, wie sich unser Motto „Gut, sauber, fair“ in den Alltag integrieren lässt. Die Mitglieder von Slow Food sind ehrenamtlich aktiv. Insgesamt hat der Verein in Deutschland rund 14.000 Mitglieder, wovon etwa 150 zur Jugendgruppe Slow Food Youth gehören.

Hintergrund und Ziele

Viele Umweltprobleme die wir heute in Europa und weltweit kennen, stehen in einem direkten oder indirekten Zusammenhang zu unserer industrialisierten Herstellung von Nahrung. Lebensmittelproduktion spielt z.B. ein zentrale Rolle in dem Prozess des Klimawandels, da allein die Landwirtschaft ca. ein Drittel aller globalen Treibhausgase verursacht. Dabei schließt dieser Prozentsatz noch nicht einmal die weiteren Schritte (Transport, Weiterverarbeitung usw.) der Lebensmittelproduktion mit ein (Weltagrarbericht mit Daten des IPCC). Gleichzeitig bestätigen immer mehr Studien auch einen Zusammenhang eben dieser Herstellungsweise zum Artenvielfaltverlust. Während der Verlust von mehr als 75% an Biomasse bei Fluginsekten in Schutzgebieten höchstwahrscheinlich auf intensive Landwirtschaft, Monokulturen und dem Einsatz von Pestiziden zurück zu führen ist (PLOS One, 2017), stammen weltweit 75% unserer Lebensmittel von nur noch 12 Pflanzen- und 5 Tierarten (FAO, 2004). Das Problem ist also nicht nur der Verlust der wilden Artenvielfalt, sondern auch den der biokulturellen Vielfalt, die einer Standardisierung von Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zum Opfer fällt. Auch weitere Naturressourcen wie Wasser oder Boden werden unter die aktuellen Produktionsbedingungen massiv verbraucht, verschwendet und langfristig zerstört.

Abhängig von der Art der Lebensmittelproduktion gibt es allerdings sehr deutliche Unterschiede, was das Ausmaß an Umweltbelastungen angeht. Während die Prozesse der Agrarindustrie sehr hohe Umweltbelastungen nach sich ziehen, gibt es Erzeuger, die bereits heute zukunftsfähig wirtschaften und nachhaltig produzieren: Erzeuger, die auf gute, saubere und faire Praktiken und Prozesse setzen zeigen die Alternativen für morgen auf. Kleine Betriebe und Strukturen in der Landwirtschaft und im Lebensmittelhandwerk, die Umwelt, Tiere und Menschen respektieren, heimische Lebensräumen schützen und miteinander vernetzt sind, können diese Umweltprobleme bewältigen und tragen dazu bei, lebendige Lebensräume in der Stadt und auf dem Land gemeinsam zu gestalten.

Solche kleinen Betriebe können aber der verstärkten Konkurrenz und dem Befehl des „Wachsen oder Weichen“ nicht folgen und verschwinden an einer alarmierenden Geschwindigkeit. Seit 2005 wurde z.B. jeder dritte landwirtschaftliche Betrieb in Deutschland geschlossen, in den letzten Jahren mussten im Schnitt täglich 1,5 Bäckereien in Deutschland endgültig ihren Ofen ausschalten.

Darüber hinaus ist der Berufseinsteig in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion für viele junge Menschen aufgrund preisintensiver Höfe, Ackerflächen sowie nicht attraktiver Lebens- und Arbeitsbedingungen immer schwieriger. Wer soll aber in Zukunft unsere Ernährung sichern, wenn es zunehmend weniger junge Menschen gibt, die in Europa Berufe in der Landwirtschaft oder Lebensmittelproduktion ergreifen? Und wie können wir langfristig eine vielfältige, boden- und umweltschonende und gerechte Lebensmittelerzeugung – also eine nachhaltige Landwirtschaft – in Europa etablieren, wenn die jüngere Generation das Wissen um und das Interesse an der Landwirtschaft verliert?

Warum jetzt und warum die EU?

Die Art der Lebensmittelproduktion in Europa, sowie das Aussehen unserer Landschaft, die Umwelt, die Lebensbedingungen der Landwirt*innen und Erzeuger*innen werden von der EU-Agrarpolitik sehr beeinflusst. Der Großteil der europäischen Steuergelder fließt in die Subventionen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), nämlich fast 40% des EU-Haushaltes, in Zahlen ausgedrückt: 50 Mrd. € pro Jahr. 80% der Zahlungen bekommen allerdings nur 20% der landwirtschaftlichen Betrieben, meistens die größten und industrialisiertesten Betriebe.

Die GAP ist somit einer der wichtigsten EU-Politikbereiche: Sie entscheidet was in Europa und indirekt auch weltweit auf den Feldern wächst, wie es angebaut wird und was auf unsere Teller kommt! Aus diesen Gründen ist die GAP nicht nur für Politiker*innen und Landwirt*innen relevant, sondern für jede(n) europäische(n) Bürger*in. Die EU-Agrarpolitik ist jedoch so komplex und undurchsichtig, dass viele europäische Bürger*innen sich gar nicht damit beschäftigen – und wenn doch, dann haben sie Schwierigkeiten, diese zu verstehen.

Die Interesse der Gesellschaft für Agrar- und Ernährungspolitischethemen nimmt jedoch stetig zu, wie es die Beteiligung an der Wir haben es satt!-Demonstration 2018 oder die Resonanz der EU-Bürgerinitativ gegen Glyphosat (über 1 Millionen Unterschriften Europaweit) zeigt. Die Aufmerksamkeit der Medien sowie die Bereitschaft darüber zu berichten, die europäische Wahl im Mai 2019 sowie die neue GAP in 2020 sind gute Grundlagen für eine Kampagne zu den Themen, um die Fragen der Zukunft unserer Nahrungsmittelproduktion auf die Agenda zu bringen und Druck auf politische Entscheidungsträger*innen auszuüben.

Wir haben deswegen Slow Food Youth Aktivist*innen in ganz Europa dazu aufgefordert, Erzeuger*innen auf ihren Höfen zu besuchen und zu fragen, was die EU-Agrarpolitik für sie bedeutet und wie die Agrarpolitik eigentlich aussehen müsste.

Herausgekommen ist eine bunte Sammlung kurzer Videos, in denen junge Menschen aus der Landwirtschaft unsere Fragen beantworten und uns sagen, welchen Einfluss die GAP auf ihren Alltag hat.

Die Videos haben wir seit Anfang Oktober in regelmäßigen Abständen in den sozialen Medien veröffentlicht, um so mehr Aufmerksamkeit für das Thema zu wecken.

Austausch und Unterstützung

Je mehr Leute auf die GAP aufmerksam machen, desto besser! Wir freuen uns, wenn Sie unsere Videos in den sozialen Medien teilen.

Kontakt

Ansprechperson: Louise Duhan
Webseite: www.slowfoodyouth.de
E-Mail-Adresse: l.duhan@slowfood.de
Telefon: +49 30 2 00 04 75-16