Tabellen mit den CO2-Fußabdrücken verschiedener Lebensmittel oder CO2-Rechner für Gerichte liefern einen ersten Eindruck, welche Entscheidungen beim Essen die nachhaltigeren sein können. Doch reicht ein einzelnes Zahlenmaß aus, um Lebensmittel bezüglich ihrer Umweltwirkungen sinnvoll vergleichen zu können?
Im Fall von Treibhausgasemissionen lässt sich die Umweltwirkung der Produktion einer bestimmten Einheit eines Lebensmittels zwar relativ bequem quantifizieren. Ein Vergleich allein auf Basis dieser Maßzahl kann jedoch aus verschiedenen Gründen in die Irre führen:
- Was sich genau hinter dieser Zahlenangabe verbirgt, kann je nach Berechnungsmethode variieren. Wurden nur die Emissionen durch die Produktion berücksichtigt oder auch diejenigen durch den Transport? Was ist mit Landnutzungsänderungen der Anbaufläche und welchen Unterschied machen verschiedene Verpackungen oder der Energieverbrauch bei der Zubereitung? Jeder Schritt in der Lebensmittelkette hat einen Einfluss auf den CO2-Fußabdruck, wodurch sich Angaben für ein und dasselbe Lebensmittel oder Gericht stark voneinander unterscheiden können.
- Wir können nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Zwar hat beispielsweise ein Kilogramm Gurken einen wesentlich geringeren CO2 Fußabdruck als ein Kilogramm Käse. Werden diese beiden Lebensmittel hingegen mit Bezug auf deren Energie- oder Makronährstoffgehalt verglichen, schneidet Käse besser ab.
Ein Vergleich dieser Lebensmittel ist jedoch weder mit Bezug auf das Gewicht noch mit Bezug auf den Nährstoffgehalt zielführend. Warum?
Die wenigsten würden auf die Idee kommen, ihren Fettbedarf mit dem Verzehr von Gurken decken zu wollen. Es bietet sich an, solche Lebensmittel miteinander zu vergleichen, die eine ähnliche ernährungsphysiologische Funktion erfüllen sollen beziehungsweise ähnliche Nährstoffgehalte aufweisen. - Die Produktion von Lebensmitteln gefährdet die Stabilität von Ökosystemen nicht nur durch den Ausstoß von Treibhausgasen. Sie beeinflusst auch Wasser- und Nährstoffressourcen, Bodenqualität, Biodiversität und vieles mehr. Jeder einzelne dieser Faktoren ist ein unverzichtbarer Baustein für unsere Lebensgrundlagen, daher sollte keiner davon unberücksichtigt bleiben. Es gilt also, auch auf die Ressourcenintensität und den Landverbrauch von Lebensmitteln zu achten.
Mit Ihrer Arbeit “Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland” vermitteln Reinhardt et al. wichtiges Hintergrundwissen um derartige Stolperfallen bei der Interpretation von Ökobilanzen zu vermeiden. Dazu schafft ihre Arbeit in knapper Form ein grundlegendes Verständnis für die Berechnungsgrundlagen und Variabilität ökologischer Fußabdrücke von Lebensmitteln.
Es werden drei Schwerpunkte behandelt:
Der erste Schwerpunkt widmet sich den unterschiedlichen Faktoren im Lebensmittel-Bereitstellungsprozess, die einen Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck haben. Dazu zählen unter anderem das landwirtschaftliche Produktionssystem, Transportwege, Verpackung und Verarbeitungsgrad. Damit soll den Lesenden ein Verständnis dafür zu vermittelt werden, dass es für Lebensmittel einer Kategorie keinen “universellen” ökologischen Fußabdruck geben kann, da viele der angesprochenen Einflussfaktoren von Fall zu Fall variieren.
Im zweiten Schwerpunkt werden ergänzend zum CO2-Fußabdruck weitere ökologische Fußabdrücke, z.B. durch den Phosphat-, Wasser- oder Flächenverbrauch vorgestellt.
Schwerpunkt drei thematisiert die ökologischen Fußabdrücke ganzer Gerichte. Deren Fußabdrücke berücksichtigen also nicht nur den Bereitstellungsprozess verkaufsfähiger Lebensmittel, sondern auch den Einfluss der Zubereitung.
Die Schwerpunkte werden jeweils durch die exemplarische Darstellung der ökologischen Fußabdrücke einiger Lebensmittel bzw. Gerichte ergänzt.

“Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland” ist trotz wissenschaftlichem Ton leicht verständlich und eine lohnenswerte Lektüre für alle, die wissen wollen, worauf es beim Lesen und Interpretieren der Ökobilanzen von Lebensmitteln ankommt.
Weitere Infos zum Projekt auf den Seiten des ifeu.
Für alle die es ein bisschen genauer wissen wollen: Das Buch “Umweltschutz mit Messer und Gabel” vergleicht und kommentiert ökologische Fußabdrücke zahlreicher Lebensmittel. Auch die Erhebungsmethoden und Begrenzungen der verwendeten Daten werden diskutiert. Daneben widmet sich das Buch soziologischen Erkenntnissen bezüglich der Umweltauswirkungen der Ernährung in Deutschland: Welche Bevölkerungsgruppen ernähren sich umweltverträglicher als andere? Welche Einsparpotenziale ergeben sich gesamtgesellschaftlich aus offiziellen Ernährungsempfehlungen sowie einer vegetarischen und veganen Ernährung? Und: Welche Trends sind innerhalb der letzten 50 Jahre erkennbar?
Ebenfalls vom Institut für Energie- und Umweltforschung: Ein intuitiv und leicht zu bedienender CO2-Rechner für Lebensmittel und individuelle Gerichte: Klimatarier CO2-Rechner
Für die Gastronomie stellt beispielsweise die Klimateller-App ein bequemes Hilfsmittel zur Erstellung klimafreundlicher Gerichte.