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Nachhaltigere Verpflegung in Kitas – ein Praxisbeispiel

Immer mehr Kinder nehmen ihre Mittagsmahlzeiten in Kindertagesstätten und Betreuungseinrichtungen ein. Für mehr Nachhaltigkeit in der Verpflegung empfiehlt sich hier der Einsatz von Bio-Lebensmitteln. Doch ist dies praktisch und finanziell umsetzbar? Ein Praxisbeispiel aus Münster zeigt, wie es geht.

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Tische in einem Kindergarten

CC0 von Engin Akyurt auf pixabay.com

Im Jahr 2018 nahmen deutschlandweit knapp 2,3 Millionen Kinder an der Mittagsverpflegung in Kindertageseinrichtungen teil[1]. Eine nachhaltige Ausrichtung des Mittagessens in Kitas kann also einen enormen Effekt auf die Umwelt haben. Dennoch setzten im Jahr 2015 nur 44% der Kitas in Deutschland Biolebensmittel ein (laut 13. DGE-Ernährungsbericht, 2016). Genau diese Überlegungen hat auch das „Aktionsbündnis 50+“ aus Münster angestellt. Das Bündnis setzt sich zusammen aus Vertreter*innen von Greenpeace Münster, dem NABU und dem BUND. Sie sehen eine große Relevanz in der nachhaltigeren Gestaltung der Kitaverpflegung in Münster, unter anderem durch den Einsatz von biologisch erzeugten Lebensmitteln – und die Zahlen geben ihnen Recht. Allein in Münster gibt es 186 Kindertagesstätten, in denen über 9000 Kinder Mittagessen erhalten (Stand: 2018). Daher gaben sie ein Projekt in Auftrag, welches untersuchen sollte, wie die derzeitige Verpflegung in Münsters Kitas aussieht und welche Potenziale für eine nachhaltigere Verpflegung sich dort ergeben. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit Studierenden der Fachhochschule Münster durchgeführt. Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurde hierbei auch eine Elterninitiative in Münster analysiert, und Teile der Ergebnisse sollen nachfolgend präsentiert werden. Der Schwerpunkt der Analyse lag auf dem Einsatz von biologisch erzeugten Lebensmitteln und den organisatorischen Strukturen der Einrichtung.

Durch Interviews mit der Einrichtungsleitung, dem Koch und den Mitarbeitenden, sowie Begehungen der Räumlichkeiten und einer Dokumentenanalyse wurde der Status Quo der Kita erfasst. Zu beachten ist hierbei, dass die gewonnenen Erkenntnisse aus methodischen Gründen nicht 1:1 auf andere Kitas übertragen werden können.

Die Kita betreute zum Zeitpunkt der Erhebung 21 Kinder zwischen zwei und sechs Jahren. Die Kinder erhalten täglich Frühstück und ein warmes Mittagessen. Die Gestaltung der Mahlzeiten und Lebensmittelauswahl orientiert sich an den Grundsätzen der Vollwerternährung. Dies bedeutet, dass überwiegend ökologisch erzeugte Lebensmittel eingesetzt werden. Weiterhin werden Vollkornprodukte und Vollfettmilchprodukte bevorzugt. Der Speiseplan ist fast ausschließlich vegetarisch gestaltet und wird auf einen geringen Zuckergehalt der Speisen geachtet.

Der interessanteste Aspekt, der durch die Analyse festgestellt werden konnte war, dass die Kita pro Kind nur 2,13€ pro Verpflegungstag ausgibt. Dies liegt weit unter dem Bundesdurchschnitt von 2,42€ pro Kind/ Tag [2]. Und dass, obwohl ein beträchtlicher Anteil an Bio-Lebensmitteln eingesetzt wird. Dieser Verpflegungssatz kann deshalb erreicht werden, da in der Kita selbst gekocht und so flexibel auf Anforderungen reagiert werden kann. Fehltage der zu betreuenden Kinder können sofort berücksichtigt werden. Zudem werden die Kinder in den Prozess der Speiseplangestaltung mit einbezogen, wodurch die Akzeptanz der Gerichte steigt. Weiterhin können so individuelle Vorlieben der Kinder berücksichtigt werden. Insgesamt ist dadurch die Menge an Lebensmittelabfällen gering, was zur Kosteneinsparung beiträgt. Auch die Warenbeschaffung folgt hier eigenen Strukturen. Der Großteil der Frischwaren wie Obst, Gemüse und Milchprodukte werden von einem hiesigen Biomarkt wöchentlich geliefert. Alle weiteren Lebensmittel werden durch die Eltern selbst in (konventionellen) Supermärkten eingekauft. Durch diese dezentrale Einkaufsorganisation und das Engagement der Eltern können Personalkosten eingespart werden, auch, wenn die Preise für die Lebensmittel im Einzelhandel zum Teil teurer sind als beim Großmarkt. Ebenfalls kann durch die kurzfristige Warenbeschaffung Lagerfläche eingespart werden.

Die Lebensmittel werden überwiegend in Bio-Qualität eingekauft. Werden Lebensmittel in konventioneller Qualität gekauft, dann aufgrund der höheren Preise oder des Verpackungseinsatzes. Dies kann am Beispiel von Schnittkäse verdeutlicht werden: konventioneller Schnittkäse ist häufig in größeren Gebinden (z.B. 1 kg) erhältlich, Bio-Käse oftmals nur in kleineren Verpackungen (z.B. 400 g). Um Plastik einzusparen, wird dann bewusst der konventionelle Käse eingekauft.

Insgesamt zeigt sich, dass ein höherer Einsatz an Bio-Lebensmitteln nicht zwangsläufig mit höheren Kosten verbunden ist. Durch die Struktur der Warenbeschaffung und das Engagement der Eltern beim Lebensmitteleinkauf können hier Kosten eingespart werden. Zudem ist aufgrund der Gruppengröße eine Verpflegung in Eigenregie gut umsetzbar.

 

Quellen

[1] Bertelsmann Stiftung (2018): Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme. Mittagsverpflegung in Kindertagesbetreuung. Daten abrufbar unter https://www.laendermonitor.de/de/vergleich-bundeslaender-daten/kinder-und-eltern/betreuungsumfang/mittagsverpflegung-in-kindertagesbetreuung?tx_itaohyperion_pluginview%5Baction%5D=chart&tx_itaohyperion_pluginview%5Bcontroller%5D=PluginView&cHash=939a71fb293c116fd62815879e400146 

[2] DGE Ernährungsbericht 2016: Verpflegung in Kindertageseinrichtungen (VeKiTa): Ernährungssituation, Bekanntheitsgrad und Implementierung des DGE-Qualitätsstandards. Verfügbar unter https://www.dge.de/wissenschaft/ernaehrungsberichte/13-dge-ernaehrungsbericht/?L=0