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Biointensive Landwirtschaft

Als biointensive Landwirtschaft (auf Englisch ›Market Gardening‹ oder ›Micro Farming‹, auf Französisch ›Maraîchage‹) bezeichnet man bestimmte biologische Anbausysteme, mit denen auf kleinster Fläche mit einfacher Technik und hoher Effizienz pro Fläche Gemüse erzeugt wird. In biointensiven Systemen kommen Methoden zum Einsatz, die gleichzeitig den Ertrag steigern und die Bodenfruchtbarkeit erhalten und erhöhen[1]. Wie der Begriff biointensiv schon andeutet, verbergen sich zwei Ansätze dahinter. Der ›Intensiv-Ansatz‹ beschreibt die höhere Arbeitsintensität pro Fläche. Der ›Bio-Ansatz‹ zielt auf ein gesundes und demnach produktives Agrarökosystem ab.

Ziel und Innovation

Die biointensive Landwirtschaft ist eine Reaktion auf die weltweit und deutschlandweit wachsende Nachfrage nach regional angebautem Gemüse. Bereits der Weltagrarbericht 2008 betont die Notwendigkeit kleinbäuerlicher Strukturen und des regionalen Lebensmittelhandels, um die Ernährungssicherheit der Weltbevölkerung gewährleisten zu können[2].

Die kompakten Flächendimensionen biointensiver Höfe variieren von 0,5 bis 3 Hektar. Hierdurch kann der Fokus vollkommen auf die Effizienz auf kleinem Raum gerichtet werden. Im Kern dieses Ansatzes liegt auch der Verzicht auf Traktoren und andere schwere Landmaschinen. Stattdessen kommen neue und traditionelle handliche Gartenwerkzeuge bei der gezielten Handarbeit zum Einsatz. Hierdurch wird weniger Boden verdichtet und Treibstoff verbrannt. Ohne den Einsatz von breiten Maschinen kann in wesentlich geringeren Abständen gepflanzt und gesät werden, wodurch ein für die Pflanzen optimales Mikroklima entsteht und der Boden vor Austrocknung geschützt wird. Die Beete werden im Anbaujahr nicht betreten und der Boden wird nur oberflächlich bearbeitet, um das Bodenleben so wenig wie möglich zu stören. Biointensive Landwirtschaft begreift die Gesundheit des Agrarökosystems als Fundament für eine generationsübergreifende Wirtschaftlichkeit eines Betriebes. Auf einer biointensiv bewirtschafteten Fläche kann im Gegensatz zu traditionellen Systemen innerhalb eines Jahres etwa die vierfache Menge an Gemüse erzeugt werden[3]. Allerdings ist aufgrund der geringeren Technologisierung der Arbeitsaufwand wesentlich höher[4]. Biointensive Systeme können die Ernährungssouveränität stärken. Das Konzept lässt sich gut mit Direktvermarktung kombinieren[5].

Beispiele

Comunidad Biointensiva, Grow Biointensive

Kategorie

Vorleistung, Produktion

Akteur*innen

Gemüsegärtnereien, Junglandwirte und Junglandwirtinnen, Produzenten und Produzentinnen, Startups, Neueinsteiger und Neueinsteigerinnen in der Landwirtschaft

Entwicklungsstand und -dynamik

Biointensiver Gemüseanbau erfreut sich in den letzten Jahren einer wachsenden Beliebtheit, die Millionen Menschen weltweit nach diesem Konzept arbeiten lässt[8]. Vor allem in Kanada, Japan und den USA ist eine zunehmende Verbreitung zu beobachten. Hier gibt es eine enge Verbindung zum →Urban Gardening und ein großes Synergiepotenzial mit der →Solidarischen Landwirtschaft. In Deutschland ist die Methode nur spärlich verbreitet. Hier gibt es zurzeit etwa 20 solcher Kleinstbetriebe[9].

Nachhaltigkeitspotenzial

Ökologisch

  • Biodiversität/Artenvielfalt
  • Boden
  • Wasser (indirekt)
  • Klima
  • Luft
  • Ressourceneffizienz in Produktion und Konsum
  • Förderung von regionalen, geschlossenen Nährstoffkreisläufen

Ökonomisch

  • Armutsbekämpfung (indirekt)
  • Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe
  • Erhöhung der Ernährungssicherheit
  • Förderung der Kreislaufwirtschaft (indirekt)

Sozial

  • Gesundheit: Zugang zu gesunder Ernährung

Risiken / Nachteile

Biointensive Landwirtschaft zeichnet sich, wie bereits angesprochen, durch einen erhöhten Arbeitsaufwand aus. Die Ansprüche an das Management sind hoch, die Planung von Fruchtfolgen, Kompostwirtschaft und Düngung sowie die Technik der Bodenbearbeitung und die Optimierung der Pflanzabstände erfordern viel Wissen und Erfahrungen[10]. Binayak P. Rajbhandari kommt bezüglich Tropenregionen zu dem Urteil, dass besonders das geringe Wissen und Engagement im öffentlichen und privaten Sektor die Verbreitung der Biointensiven Landwirtschaft erschwere[11]. Im Hinblick auf die Verbreitung in Deutschland können diese Hürden ebenfalls angenommen werden, da das Anbausystem erst allmählich in den öffentlichen Diskurs dringt.


[1] BioNica – Grow the Soil / Seed Network. (o. J.): Best Practices in Sustainable Agriculture—Biointensive Agroecology. Web, 13.10.2019. http://bionica.org/

[2] Herzog, F. & Pfiffner, L. (2016): Agrarökologie und Biodiversität. In: Freyer, B. (Hrsg.). Ökologischer Landbau. Grundlagen, Wissensstand und Herausforderungen. S. 613-625. ; IAASTD (2009): Agriculture at a Crossroads Global Report. International Assessment of Agricultural Knowledge.

[3] De Carné Carnavalet, C. (2018): Agriculture, filières et sécurité alimentaire

des territoires. « Biodynamic French Intensive Method » . Abrufbar unter: docplayer.fr/85705546-Biodynamic-french-intensive-method.html

[4] ebd.

[5] Fortier, J.-M. (2017): Bio-Gemüse erfolgreich direktvermarkten: Der Praxisleitfaden für die Vielfalts-Gärtnerei auf kleiner Fläche. Alles über Planung, Anbau, Verkauf.

[6] John Jeavons (2017): How to grow more vegetables.

[7] ebd.

[8] John Jeavons (2017): How to grow more vegetables.

[9] Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2017): Oekolandbau. Web, 13.10.2019. https://www.oekolandbau.de/

[10] Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2019): Biointensiver Gemüsebau. Web, 9.12.2019. https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/pflanze/grundlagen-pflanzenbau/biointensiver-gemuesebau/

[11] Rajbhandari, B. (2017): Bio-Intensive Farming System. Potentials and Constraints in the Context of Agroecology in the Tropics. In: Poyyamoli, G. (2017). Agroecology, Ecosystems and Sustainability in the Tropics. Studera Press. S. 71-88.