Der biozyklisch-vegane Anbau als Teilbereich des ›veganen Ökolandbaus‹ bzw. der ›bio-veganen Landwirtschaft‹ (für eine genaue Begriffsdifferenzierung s. Entwicklungsstand und -dynamik), im Englischen ›Biocyclic vegan farming‹, bzw. ›veganic agriculture‹ (als Kombination von ›vegan‹ und ›organic‹), verzichtet beim ökologischen Anbau veganer Lebensmittel vollständig auf Tierhaltung und den Einsatz tierischer oder synthetischer Betriebsmittel. Damit entfällt beispielsweise die Verwendung von Gülle, Mist, Jauche oder Schlachtabfällen als Düngemittel.
Der Großteil landwirtschaftlicher Betriebe setzt bei der Produktion veganer Lebensmittel auf den Einsatz tierischer oder synthetischer Düngemittel. Auch die biologische Landwirtschaft ist häufig mit Nutztierhaltung verbunden. Beim Bioverband Demeter ist die Haltung von Raufutterfressern sogar verpflichtend und kann nur in Ausnahmefällen entfallen[1]. Durch die Tierhaltung entstehen weltweit massive Umweltschäden, die über einen erhöhten Flächenbedarf, die Schädigung von Boden und Grundwasser bis hin zu negativen Auswirkungen auf das Klima reichen. Laut einer Studie der FAO sind über 14 Prozent der weltweiten, durch den Menschen verursachten Treibhausgase auf die Tierhaltung zurückzuführen[2].
Gleichzeitig ist die Nachfrage nach vegetarischen und veganen Produkten auch in Deutschland messbar. Den Daten des Instituts für Demoskopie Allensbach zufolge, handelt es sich bei 7,6 % der Verbraucher und Verbraucherinnen um „Vegetarier oder Leute, die weitgehend auf Fleisch verzichten“[3]. Weitere 1,1 % sind „Veganer oder Leute, die weitgehend auf tierische Produkte verzichten“. Häufig sind sich diese Konsumenten und Konsumentinnen veganer Lebensmittel nicht darüber bewusst, dass auch diese Lebensmittel im engeren Sinne überwiegend nicht-vegan produziert werden. In der Regel werden Betriebsmittel tierischen Ursprungs, wie Blut-, Horn-, Haar-, Feder- oder Knochenmehle verwendet. Die gesundheitlichen Bedenken dieser ökologischen Düngerpellets sind groß. Sie können mit Keimen, Antibiotika und Schwermetallen belastet sein. Beim biozyklisch-veganen Anbau wird auf tierischen Dünger und Betriebsmittel tierischen Ursprungs komplett verzichtet.[4] Stattdessen wird ein hoher Wert auf einen gezielten Humusaufbau auf pflanzlicher Basis gelegt, der über Kompostierung in Verbindung mit Gründüngung und Mulchen erreicht werden kann. Stammen die für den Humusaufbau verwendeten Pflanzenreste dabei aus dem eigenen Betrieb, der Gemeinde oder der Region, so ergeben sich dadurch ebenso kürzere Transportwege. Die Bodenfruchtbarkeit soll zudem durch eine abwechslungsreiche Fruchtfolge, Mischkulturen und den Anbau von Leguminosen wie Kleegras, Lupinen oder Erbsen gefördert werden.
Ein Feldversuch in Griechenland konnte zeigen, dass auf lange Sicht der Stickstoffgehalt sowie der Gehalt weiterer Pflanzennährstoffe in der aus Oliventrester-Kompost hervorgegangenen Humuserde ansteigen[5]. Da die Nährstoffe in der Humuserde nicht mehr wasserlöslich seien, stünden sie der Pflanze vollständig zur Verfügung ohne eine Überdüngung herbeizuführen, so Dr. Johannes Eisenbach, Vorstand vom Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V.[6]. Eine Studie zum Anbau von Tomaten bestätigt diese Beobachtungen. Tomatenpflanzen, die in Humuserde wuchsen warfen einen bis zu 45% höheren Ertrag, als Pflanzen, die gar nicht oder mit anorganischem Düngemittel behandelt wurden[7]. Zudem verbessert sich die Pflanzengesundheit und durch die Humuserde kann mehr Kohlenstoff im Boden gebunden werden.[8]
Vorleistung, Produktion
Landwirtschaftliche Betriebe, Anbauvereine, Netzwerke, Konsumenten und Konsumentinnen
In Deutschland wurde die ökologische Landwirtschaft ohne Nutztiere bereits Ende des 19. Jahrhunderts diskutiert. Während für den biologisch-dynamischen Landbau nach Rudolf Steiner die Tierhaltung elementar ist, lehnte die Landreform-Bewegung die Tierhaltung aufgrund ihrer vegetarischen Grundsätze ab.[9]
In Großbritannien gründete sich 1996 das Vegan Organic Network[10], dass sich für die Verbreitung veganer Anbaumethoden einsetzte. Végéculture[11] bietet seit Mitte der 2000er im französischen Sprachraum eine Plattform für Menschen, die am veganen, ökologischen Landbau interessiert sind. In Europa leistet zudem der Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. Informations- und Bildungsarbeit und unterstützt Betriebe bei der Umstellung. 2008 gründete sich in Kanada das Veganic Agriculture Network[12], das pflanzenbasierte Landwirtschaft in Nordamerika fördern will.
Biozyklisch-vegane Anbaumethoden entwickeln sich in unterschiedlichen Varianten in vielen Ländern der Welt. Sie werden häufig auch mit anderen Nischen, wie Waldgärten, Permakultur oder mit dem Gartenbau, kombiniert. Inzwischen versucht insbesondere der Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. die Verwendung des Begriffes „biozyklisch-veganer Anbau“ anstelle von „bio-veganem Anbau“ zu fördern, da letzterer häufig im Lebensmittelbereich verwendet wird, um zu benennen, dass die Inhaltsstoffe vegan und der Anbau ökologisch sind, meint jedoch häufig nicht die Düngung. Seit 2017 gibt es für den biozyklisch-veganen Anbau ein Gütesiegel, um Verbrauchern und Verbraucherinnen Transparenz entlang der Wertschöpfungskette gewährleisten zu können[13]. Das Siegel gibt erstmalig Auskunft über die eingesetzten Düngemethoden und somit ob der Anbau von Lebensmitteln insgesamt vegan erfolgt ist. Die Richtlinien sind von der IFOAM (International Federation of Organic Agriculture Movements) anerkannt und in die Family of Standards aufgenommen worden. Da in Deutschland derzeit rund 25 % der Biobetreibe ohne Nutztierhaltung arbeiten, wird hier von einem hohen Potenzial der Umstellung auf biozyklisch-veganen Anbau ausgegangen, indem diese Betriebe die tierischen oder synthetischen Betriebsmittel ersetzen. Insbesondere für den Markt veganer Lebensmittelprodukte, wie pflanzenbasierter Milch, kann mit steigender Nachfrage nach einer durchgängig veganen Anbauweise gerechnet werden. Auch andere Bereiche, wie die Weinproduktion können auf den biozyklisch-veganen Anbau umsteigen, wie es erste Winzer und Winzerinnen in Frankreich zeigten.[14]
Die Umstellung auf einen biozyklisch-veganen Anbau kann je nach Methode viel Zeit in Anspruch nehmen.[19] Der selbstständige Aufbau von Humuserde dauert ca. 2-4 Jahre. Als eine weitere Herausforderung gilt der Schutz vor Schädlingen. Bislang wird dies durch Förderung des Biodiversitätsgleichgewichts anvisiert, insbesondere indem Prädatoren dieser Schädlinge ebenfalls angelockt werden.[20]
Die novellierte Düngeverordnung mit der Dreijahres-Stickstoffobergrenze für Kompost könnte ein Hemmnis darstellen, da große Mengen von biozyklischer Humuserde für den biozyklisch-veganen Anbau essentiell sind. Dank langer Lagerzeiten weist die biozyklische Humuserde zwar Stickstoff auf, dieser verbleibt allerdings zu 80% im Boden und trägt dort zur Verbesserung des „Dauerhumus“ bei. Dieser unterliegt zwar auch einem allmählichen langjährigen Abbauprozess, hier werden allerdings nur 1-2 % des Nähr- und Dauerhumus insgesamt pro Jahr mineralisiert.[21] Die in dieser Humuserde enthaltenen wasserlöslichen Nährstoff- und hier insbesondere Stickstoffverbindungen sind also sehr gering, und stellen somit keine Nährstoffauswaschungsgefahr für das Grundwasser dar.[22] Damit der biozyklisch-vegane Anbau nicht durch diese Stickstoffobergrenze und damit Mengenbeschränkung für die wasserschützende Humuserde benachteiligt wird, sollte die biozyklische Humuserde idealerweise aus der Düngeverordnung und der Kompostverordnung herausgenommen werden oder speziell definiert und abgegrenzt werden.[23]
[1] Demeter e.V. (o.J.) Richtlinien 2020. S. 54. https://www.demeter.de/sites/default/files/richtlinien/richtlinien_gesamt.pdf (27.01.2020)
[2] Gerber, P.J. et al. (2013): Tackling climate change through livestock – A global assessment of emissions and mitigation opportunities. Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), Rome. S. 15.
[3] INSTITUT FÜR DEMOSKOPIE ALLENSBACH (o.J.). AW A 2016. Allensbacher Marktanalyse Werbeträgeranalyse CODEBUCH. S. 80. https://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/AWA/AWA2016/Codebuchausschnitte/AWA2016_Codebuch_Essen_Trinken_Rauchen.pdf (27.01.2020)
[4] Vegconomist (2019): Im Interview mit dem Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. über die Bio-vegane Landwirtschaft. 31.Oktober 2019. https://vegconomist.de/interviews/im-interview-mit-dem-foerderkreis-biozyklisch-veganer-anbau-e-v-ueber-die-bio-vegane-landwirtschaft/ (27.01.2020)
[5] Biocyclic Park Kalamata, IFOAM ABM 2017. (2017). https://www.youtube.com/watch?time_continue=14&v=_HPCm-5acI0&feature=emb_logo, (27.01.2020)
[6] Barkham, P. (2019): Rise of the vegan vegetable: The farmers who shun animal. In: The Guardian. https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2019/jan/12/were-humus-sapiens-the-farmers-who-shun-animal-manure (27.01.2020)
[7] Eisenbach, L. D. et al. (2019): Effect of Biocyclic Humus Soil on Yield and Quality Parameters of Processing Tomato (Lycopersicon esculentum Mill.). Bulletin of University of Agricultural Sciences and Veterinary Medicine Cluj-Napoca. Horticulture, 76(1), 47–52. https://doi.org/10.15835/buasvmcn-hort:2019)0001
[8] Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. (2018): FAQ zum biozyklisch-veganen Anbau. https://biozyklisch-vegan.org/faq/ (03.02.2020)
[9] Vogt, G. (2001): Geschichte des ökologischen Landbaus im deutschsprachigen Raum – Teil I*. S.48. https://orgprints.org/1110/1/1110-vogt-g-2001-geschichte.pdf (03.02.2020)
[10] Vegan Organic Network (o.J.). https://veganorganic.net/ (03,02,2020)
[11] Végéculture (o.J.). https://www.vegeculture.net/ (03.02.2020)
[12] Vegan Agriculture Network (o.J.): History. https://goveganic.net/article4.html?lang=en (03.02.2020)
[13] Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. (o. J.): Gütesiegel - Aus biozyklisch-veganem Anbau. https://biozyklisch-vegan.org/hintergruende/#Siegel (27.01.2020)
[14] Chateau La Rayre (o.J.). http://www.chateau-la-rayre.com/gb/vignoble.htm (03.02.2020)
[15] BIOCYCLIC PARK (O.M.E.N. 7) (o. J.). http://www.biocyclic-park.com/ (27.01.2020)
[16] Οικο Βιο (o. J.). https://www.facebook.com/OikoBioGr/ (27.01.2020)
[17] Ballyroe (o.J.). http://homepage.eircom.net/~ballyroe/apprenticeship.html (03.02.2020)
[18] Chateau La Rayre (o.J.). http://www.chateau-la-rayre.com/gb/vignoble.htm (03.02.2020)
[19] Manson, J. (2020): Will 2020 be the breakthrough year for ‘veganic’ agriculture? In: Natural Products Global. www.naturalproductsglobal.com/environment/will-2020-be-the-breakthrough-year-for-veganic-agriculture/ (27.01.2020)
[20] Pacific Roots Magazine (o.J.): Podcast Episode V: Dr. agr. Johannes Eisenbach, Panhellenic Biocyclic Vegan Network. http://pacificrootsmagazine.com/podcast-episode-v-dr-agr-johannes-eisenbach-panhellenic-biocyclic-vegan-network/?fbclid=IwAR3WfUIHsBu42evRDBabwPq66_hiignL22Q-Ec47XRcCi5ycyk9chWcE76g (03.02.2020)
[21] H&K (2015): Humusdünger. Humuswirtschaft & Kompost. 8/9, 2015. https://www.kompost.de/fileadmin/user_upload/Dateien/HUK_aktuell/2015/H_K-8_9-2015.pdf (24.02.2020)
[22] ebd.
[23] Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. (2018): FAQ zum biozyklisch-veganen Anbau. https://biozyklisch-vegan.org/faq/ (03.02.2020)