Steckbrief des Projekts "Sozial-ökologische Transformation des Ernährungssystems"
Hofaktien (auch: Kuhaktien, seltener Hühneraktien, Schweineaktien) sind streng genommen meist keine Aktien, sondern Genussscheine. Für einen festgelegten Betrag können Anleger diese Wertpapiere erwerben und erhalten im Gegenzug Zinsen, meist in Form einer Naturalrente, manchmal wahlweise auch als Auszahlung. Unter Beachtung von Kündigungsfristen können Aktien zum Kaufpreis zurückgegeben werden. Mitbestimmungsrechte wie bei richtigen Aktien erhalten die Anleger nicht.[1]
Ein verwandtes Konzept sind Patenschaften (auch: Crowdfarming). Sie können für einzelne Tiere, aber auch Bäume oder Bienenvölker übernommen werden. Paten zahlen einen festgelegten jährlichen Betrag für ihre Patenschaft und erhalten im Gegenzug ggf. bestimmte Vorteile, z.B. einen Anteil der Erträge.[2]
Hofaktien und Patenschaften sind innovative Finanzierungsmöglichkeiten. Mithilfe von Hofaktien können Landwirte und Landwirtinnen die Kosten von einmaligen Investitionen decken, zum Beispiel für den Bau eines neuen Stalls oder die Anschaffung einer Herde.[3] Patenschaften tragen zur Deckung laufender Kosten bei und ermöglichen so eine umweltschonende Produktion.[4] Beide Varianten können zudem eine Möglichkeit für landwirtschaftliche Betriebe sein, neue Kunden und Kundinnen zu gewinnen. Durch die Investition wächst die Bindung an den Hof, aber auch allgemein das Verständnis für nachhaltige landwirtschaftliche Produktion.[5]
Kattendorfer Hof, Hof Klostersee, Rotthoffs Hof, Hof Gasswies, Naranjas del Carmen, Eidentity
Produktion (Märkte, Nutzerpraktiken, soziale/zeitliche Strukturen)
Landwirtschaftliche Betriebe, Kunden und Kundinnen bzw. Anleger und Anlegerinnen
Wann die ersten Patenschaften im landwirtschaftlichen Bereich aufkamen, ist nicht eindeutig zu bestimmen. Als Erfinder der Hofaktien gilt Mathias von Mirbach, der das Konzept im Jahr 2005 auf dem Kattendorfer Hof einführte.[6]
Sowohl Hofaktien als auch Patenschaften werden inzwischen von einer ganzen Reihe Höfen angeboten. Das Konzept wird von Kunden und Kundinnen gut angenommen, bei vielen Höfen sind alle Aktien ausgegeben.[7] Auch Anleger und Anlegerinnen, die ihre Aktien verkaufen wollten, hatten keine Schwierigkeiten, Kaufinteressenten zu finden.[8] Patenschaften kann man inzwischen nicht nur mit Betrieben in der Region abschließen, sondern auch mit Betrieben im Ausland.[9] Dennoch handelt es sich nach wie vor um ein Randphänomen.
Prinzipiell ist ein finanzielles Risiko für investierende Bürgerinnen und Bürger vorhanden.
Hofaktien sind im Grunde Genussscheine, mit denen Bürger und Bürgerinnen Anleihen von landwirtschaftlichen Betrieben kaufen und Zinsen meist in Form von Lebensmitteln erhalten. Bei Patenschaften können Bürger und Bürgerinnen für einzelne Bäume, Tiere, etc. jährliche oder einmalige Beträge zahlen, um eine bestimmte Art der Produktion zu unterstützen und ggf. bestimmte Vorteile zu erhalten. Beide Formen können als innovative Finanzierungsmöglichkeiten erachtet werden, die auch die Bindung von Kunden und Kundinnen an den Hof erhöht. Trotz großer Nachfrage ist die Ausbreitung der Nische derzeit noch begrenzt. Das Nachhaltigkeitspotenzial ist daher indirekt bei ökologischen Aspekten und insbesondere bei ökonomischen Aspekten gegeben, in Bezug auf soziale Aspekte allerdings ggf. (z.B. durch mehr partizipative oder solidarische Komponenten) noch ausbaubar.
[1] Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Projektgruppe Ökolandbau (2020): Mit Patenschaften Biobetriebe unterstützen. Web, 09.04.2020. www.oekolandbau.de/bio-im-alltag/bio-erleben/aktiv-werden/bio-patenschaften/;
Peerenboom, N. (2013): Hofaktien. Die Rendite ist Käse. NDR. Web, 06.06.2018. www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Hofaktien-Die-Rendite-ist-Kaese,hofaktie101.html;
Fichter, A. (2009): Skurrile Wertpapiere: Die Kuh-Aktie. Focus Money Online. Web, 06.06.2018. www.focus.de/finanzen/boerse/aktien/tid-16042/skurrile-wertpapiere-die-kuh-aktie_aid_449294.html
[2] BLE, Projektgruppe Ökolandbau (2020)
[3] Fichter (2009)
[4] BLE, Projektgruppe Ökolandbau (2020)
[5] Peerenboom (2013); Fichter (2009); BLE, Projektgruppe Ökolandbau (2020)
[6] Fichter (2009)
[7] Vgl. z.B. Kattendorfer Hof: https://kattendorfer-hof.de/kuhaktie/, Hof Klostersee: https://klostersee.org/mitmachen/teil-haben/
[8] Kautenburger, M. (2013): Der perfekte Kuhandel. Ökobauer verkauft Anteile seiner Rinderherde an Aktionäre. Hannoversche Allgemeine. Web, 06.06.2018. www.haz.de/Nachrichten/Wirtschaft/Deutschland-Welt/Oekobauer-verkauft-Anteile-seiner-Rinderherde-an-Aktionaere
[9] BLE, Projektgruppe Ökolandbau (2020)