Mobile Schlachthöfe sollen Tieren den langen Weg und den damit verbundenen Stress auf dem Weg zum Schlachthof ersparen. Dank eines Betäubungsstandes und eines speziellen EU-zugelassenen Schlachtanhängers, der das sofortige Entbluten ermöglicht, wird ein Teil der eigentlichen Schlachtung (Töten und Entbluten) auf dem gewohnten Hof des Tieres durchgeführt. Somit entfällt der stressvolle Lebendviehtransport. Im nächsten Schritt wird das getötete Tier im stationären Teil des Schlachtunternehmens wie üblich weiter verarbeitet.[1]
Laut EU-Hygieneverordnung müssen Tiere lebend in den Schlachthof gebracht werden. Doch während dieser Fahrten zum Schlachthof erleiden Tiere immer wieder viel Stress, bei großer Tieranzahl häufig auch unzureichende Hygienebedingungen. Weniger wichtig, aber dennoch förderlich für die entscheidende Nachfrage, wirken sich die ausgeschütteten Stresshormone auch auf die Qualität des Fleisches aus.[2]
Mobile Schlachthöfe ermöglichen, dass der Schlachter zum Tier kommt, anstatt dass die Tiere zu Schlachthöfen transportiert werden. Indem das Tier in seiner gewohnten Umgebung bleibt und ohne Stress, Angst und Wissen beim Futtern eine Betäubung bekommt, wird das Tierwohl gesichert. Während kleine, regionale Schlachthöfe immer weniger werden, erleichtert sich durch eine solche mobile Lösung der Aufwand für kleine Biobetriebe pro Schlachtung.
Verarbeitung
Schlachtunternehmen, Bio-Landwirte und Landwirtinnen, Betriebe mit Direktvermarktung
Traditionell kamen Schlachter oder Schlachterinnen zu den einzelnen Höfen, um jeweils die Tiere, die für die Fleischproduktion bestimmt waren, vor Ort zu schlachten (Ausnahme: Hausschlachtung für den Eigenverzehr). Aufgrund vieler Vorschriften auf EU-Ebene, wird diese Methode kaum noch praktiziert. Um heute noch eine Weideschlachtung (Kugelschuss auf der Weide) durchführen zu können, bedarf es einer besonderen Genehmigung. Stattdessen müssen die Tiere zu zentralen ggf. weit entfernten Schlachthöfen befördert werden.
Schon in den 1960er Jahren wurden erste mobile Schlachthöfe für Hirsche im Vereinigten Königreich entwickelt[3]. In den 1990ern wurden auch weitere für Schweine, Strauße, und Hühner zugelassen. Erst vor kurzem wurden auch erste mobile Schlachthöfe für Rinder entwickelt, deren Entwicklung aufgrund der Größe der Tiere herausfordernder war.
Es gibt in Deutschland bereits mobile Schlachthöfe für Hühner[4], und es werden derzeit auch Schlachthöfe für viele Nutztierarten entwickelt. Obwohl die Entwicklung von mobilen Schlachthöfen zu Beginn nicht viel positive Resonanz erntete, ist die mobile Schlachtung mittlerweile zu einem hochgeschätzten Schlachtverfahren geworden. Die Entwicklung von mobilen Schlachthöfen wurde nicht nur aus tier-ethischen Gründen, sondern auch wegen der Qualitätssteigerung des Fleisches vorangetrieben.[5] Es besteht das Potenzial, die mobile Schlachtbox in allen regional-tätigen Schlachthöfen flächendeckend einzuführen. Hierzu bedarf es allerdings klarer, verbindlicher und bundesweit geltender Regularien für Zulassungsbehörden, um faire Chancen, zügige Bearbeitung und positive Bescheide für alle Antragsteller zu gewährleisten.
Grundsätzlich ist der mobile Schlachthof ein Ansatz, der für die Tiere Stress und Qualen durch teils lange Transportwege zu den Schlachthöfen deutlich mindert. Kritisch werden Ausnahmefälle gesehen, bei denen der Bolzenschuss durch die fehlende sichere Fixierung vom Tier nicht beim ersten Mal zur gewünschten Betäubung des Tieres führt. In dem Fall müsste er mehrmals wiederholt werden, wodurch die Wahrscheinlichkeit des Gelingens jeden Bolzenschusses abnimmt und das Tierleid zunimmt. Insgesamt ist festzuhalten, dass trotz der teilweisen Linderung des Tierleids das Tier dennoch geschlachtet wird, um für den menschlichen Verzehr genutzt zu werden, wodurch das Tierwohl eingeschränkt bleibt. Um das Tierleid gänzlich zu vermeiden, müsste auf Tierschlachtung komplett verzichtet werden. Sogenannte ›Lebenshöfe‹ oder auch ›Gnadenhöfe‹ haben sich diesem Ziel verschrieben, indem sie Tiere vor dem Tod, schlechter Haltung oder physischer und psychischer Misshandlung retten und ihnen eine endgültige Auffangstation bieten.[8]
Es gilt zu beachten, dass mobile Schlachthöfe für eine kleine Anzahl von Tieren konzipiert sind und daher eher eine Lösung für kleine Bio-Höfe statt für intensive Viehhaltung bieten. Im Vergleich ist diese Methode arbeits-, zeit- und kostenintensiver, wodurch sich höhere Endpreise der Produkte ergeben. Auf der anderen Seite können die mobilen Schlachthöfe eine gute Nische für direktvermarktende Landwirte und Landwirtinnen darstellen, denen das Tierwohl auch bei Transport und Schlachtung besonders wichtig ist.
[1] Hofmann, D. H. (2019): Mobile Weideschlachtung: Der Schlachter kommt zum Rind. https://www.wir-sind-tierarzt.de/2019/02/mobile-weideschlachtung-der-schlachter-kommt-zum-rind/ (13.10.2019)
[2] Greif, F. (2017): Wenn der Schlachthof zum Tier kommt. Österreichisches Kuratorium für Landtechnik. Land und Raum. Heft 3/2017. S. 14-17.; Hessenschau (2019): Mobile Schlachtmethode: Wenn der Schlachter zum Tier kommt. https://www.hessenschau.de/panorama/mobile-schlachtmethode-wenn-der-schlachter-zum-tier-kommt,mobiler-schlachthof-102.html (13.10.2019)
[3] SANMO (1998): State-of-the-art mobile abattoir. EUREKA Project SANMO.
[4] Christa Diekmann-Lenartz, L. & F. (2018): Mieten Sie doch einen Schlachthof!. https://www.agrarheute.com/landundforst/regionen/mieten-schlachthof-547576 (13.10.2019)
[5] Dinter, A. (2016): Sanfter Tod: Mobile Schlachtung. PROVIEH. https://provieh.de/sanfter-tod-mobile-schlachtung (13.10.2019)
[6] Fahrender Schlachthof. (o. J.). http://www.mobile-schlachtsysteme.at/ (28.01.2020)
[7] Biohof Dusch. (o. J.). https://hof-dusch.ch (28.01.2020)
[8] Die Tierbefreier (o.J.): Lebenshöfe. https://tierbefreier.org/projekt/lebenshoefe/ (27.01.2020)