Vereine bieten Open Source Plattformen an, über die landwirtschaftliche Betriebe Anleitungen für den Bau von technischen Hilfsmitteln beziehen können. Es werden auch Schulungen (ca. 2-5 Tage), Events und Seminare zur Herstellung von Werkzeugen und Maschinen organisiert, bei denen Landwirte und Landwirtinnen von Referenten und Referentinnen des Vereins als auch anderen Landwirten und Landwirtinnen Hilfestellungen (z.B. zum Metallarbeiten) erhalten, während sie ihr eigenes technisches Hilfsmittel (z.B. Maschinen zur Bodenbearbeitung) bauen.[1]
Auf diesem Weg können sich Landwirte und Landwirtinnen den Zugang zu kostenfreien innovativen Technologien und Strukturen leisten, die an agrarökologische Praktiken angepasst sind. Diese findet man sonst häufig nicht auf dem Markt, sind patentiert und dadurch kostspielig oder man gerät schnell in eine Abhängigkeit für weitere Reparatur- und Einzelteile von den Landmaschinenanbietern und -anbieterinnen. Die Anleitungen für Werkzeuge und Maschinen werden gemeinschaftlich mit Erzeugern und Erzeugerinnen entwickelt, wodurch die Autonomie der Erzeugenden durch Aneignung von Wissen und Fähigkeiten gefördert wird. Bei den Trainings wird darauf geachtet, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nicht nur das Werkzeug bauen, sondern auch erlernen, es zu reparieren und entsprechend der eigenen Bedürfnisse anzupassen. Besonders junge Landwirte und Landwirtinnen sollen so die Möglichkeit bekommen, Wissen inklusive Erfolge und Fehler, von Älteren in Erfahrung bringen zu können. Durch die Open Source-Ethik wird Nachhaltigkeit gefördert, indem Menschen wieder zum Basteln, Erfinden, Kreieren angeregt werden, und auch alte Gegenstände wieder reparieren, anstatt in den Abfall zu geben.[2]
Farm Hack USA, Farm Hack UK, Farm Hack Schottland, L’Atelier Paysan – Frankreich
Vorleistung
Vereine, Landwirte und Landwirtinnen
Im Jahr 2009 ist in Frankreich L’Atelier Paysan entstanden, als ersichtlich wurde, dass innovative technische Hilfsmittel, die auf einem Hof in Südfrankreich aus recycelten Materialien hergestellt und montiert wurden, auf eine sehr hohe Nachfrage insbesondere von Junglandwirten und –landwirtinnen in der Region trafen.[3] Es wurden erste Trainings zur Herstellung und Anwendung dieser technischen Hilfsmittel organisiert, und nach immer steigender Nachfrage wurden erstmalig Anleitungen standardisiert, bei denen Materialien vorgeschlagen wurden, die auch im Einzelhandel erworben werden konnten.[4] Hieraus entstand die Genossenschaft L’Atelier Paysan. Eine ähnliche Initiative namens Farm Hack wurde 2010 in den USA gegründet und ist nach sichtbaren Erfolgen auch im Vereinigten Königreich und Schottland unter demselben Namen gegründet worden. Auch vorher wurde schon Wissen über Technologien unter Landwirten und Landwirtinnen ausgetauscht, allerdings hat das Internet und die erlernte Fähigkeit, sich über das Internet mit Menschen mit gleichen Interessen zu vernetzen, zu der innovativen Entwicklung dieser Open Source-Plattform beigetragen.
Das Interesse für das Konzept wächst. Mehr Menschen aus anderen Ländern melden sich für die Trainings in Frankreich, UK und Schottland an, wodurch Neugründungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu erwarten sind. L’Atelier Paysan bietet zudem Beratung für die Kostendeckung der Trainingsteilnahme an, welche auch durch öffentliche Mittel für die Berufsausbildung in der Landwirtschaft von der französischen Regierung gefördert werden.
Noch gibt es wenige solcher Anlaufstellen in Europa. Eine langfristige Erschließung eines europaweiten Netzwerkes von Vereinen, die solche Schulungen anbieten, ähnlich wie das Netzwerk der Nische Agrarökologie-Schulen in Europa, ist wünschenswert.
[1] European Coordination Via Campesina (2018): Atelier paysan. Web, 11.10.2019. https://www.eurovia.org/6108/
[2] Farm Hack (o. J.): Tools. Web, 11.10.2019. https://farmhack.org/tools
[3] Farm Hack (o. J.): Julien Reynier and Fabrice Clerc from L’Atelier Paysan on Self-Build Communities in Farming. Web, 04.12.2019 blog.farmhack.org
[4] ebd.