Steckbrief des Projekts "Sozial-ökologische Transformation des Ernährungssystems"
Precycling ist eine Nutzerpraxis, bei der versucht wird, Lebensmittel möglichst ohne Einwegverpackung einzukaufen bzw. zu verkaufen. Diese innovative Form des Lebensmitteleinzelhandels kann verschiedene Ausprägungen haben: zum einen in Form von Läden, die ihr gesamtes Warensortiment unverpackt oder mit recycelbaren Verpackungen anbieten, bzw. Läden, die nur einen Teil ihrer Waren unverpackt verkaufen, zum anderen in Form von Dienstleistungsanbietern, die entsprechende Behältnisse zur Vermarktung der Lebensmittel zur Verfügung stellen.[1]
Verpackungsabfälle nehmen beständig zu. Der größte Anteil an verarbeiteten Kunststoffen wird in Deutschland für Verpackungen verwendet. Sowohl bei der Produktion als auch bei der Entsorgung von Kunststoffen entstehen umweltschädliche Emissionen, zudem landen weltweit viele dieser Abfälle im Meer.[2] Mit dem Ansatz des Precycling wird das Ziel verfolgt, Verpackungsmaterialien in den einzelnen Handelsstufen und beim Konsum so weit wie möglich zu vermeiden.[3] Umgesetzt wird dies, indem Einzelhandelsgeschäfte Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs ohne Verpackung anbieten. Zum Einsatz kommen dabei bspw. Spender zum Selbstabfüllen oder Mehrwegverpackungen. Die Kunden und Kundinnen verwenden für den Einkauf individuelle Behältnisse, die sie teilweise selbst mitbringen und möglichst mehrmals nutzen. Gleichzeitig achten die Läden darauf, das Verpackungsaufkommen auch in der Handelskette zu reduzieren.[4] Durch die Möglichkeit des bedarfsgerechten Konsums kann zudem Lebensmittelverschwendung reduziert werden.
Original Unverpackt (Berlin); regional und unverpackt (Schwäbisch Gmünd); Lose (Dresden); gramm genau (Frankfurt); Stückgut (Hamburg); Schüttgut (Stuttgart), Glaskiste (Freiburg)
Handel (Nutzerpraktiken, Produkte), Konsum (Nutzerpraktiken), Abfall und Wiederverwertung (Nutzerpraktiken)
Einzelhandel, Konsumenten und Konsumentinnen, Lieferanten und Lieferantinnen, Verarbeiter und Verarbeiterinnen
In Deutschland wurden die ersten ›unverpackt‹-Läden im Jahr 2014 eröffnet. Inspirationsquelle für die Umsetzung der ersten Projekte waren ähnliche Modelle des verpackungsfreien Einkaufs aus anderen Ländern und die ›Zero Waste‹-Bewegung.[5]
Die Reduzierung von Verpackungsmüll sowie die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung haben eine zunehmende Relevanz im öffentlichen Diskurs. Die Anzahl der verpackungsfreien Läden hat sich deutschlandweit seit 2014 relativ dynamisch auf ca. 80 Läden erhöht.[6] Trotzdem bildet diese Art des Ein- und Verkaufs im Vergleich zur Anzahl der übrigen LEH-Geschäfte bisher eine sehr kleine Nische.
Als Barrieren für eine Ausweitung dieses Konzeptes gelten u.a. die fehlende Alltagstauglichkeit, die höheren Kosten sowie die mangelnde Verfügbarkeit an Produkten.[7] Es besteht ein potentielles Risiko, dass Konsumenten und Konsumentinnen sich nicht über die Verwendung von Verpackungen (in Großformaten) in den vorgelagerten Prozessstufen bewusst sind. Die Bequemlichkeit und Lust zu Spontaneinkäufen könnten auf Konsumentenseite für den Einkauf bei ›unverpackt‹-Läden eine Hürde darstellen. Es ist momentan noch schwierig, Lieferanten und Lieferantinnen zu finden, die Mehrweglösungen anbieten.
Precycling ist eine Nutzerpraxis, bei der Lebensmittel möglichst ohne Einwegverpackung eingekauft werden. Dies geschieht entweder in Form von Läden, die Waren unverpackt oder mit recycelbaren Verpackungen anbieten, oder in Form von Dienstleistungsanbietern, die entsprechende Behältnisse zur Vermarktung der Lebensmittel zur Verfügung stellen. Die Verbrauchsminderung von (Kunststoff-) Verpackungsmaterial im klassischen LEH sowie das erhöhte Angebot von alternativen Verpackungsmaterialien sowie entsprechenden (recycelten) Behältnissen zur Vermarktung der unverpackten Lebensmittel wird weiter in den Mainstream wachsen und somit Umweltgüter schützen. Reine ›unverpackt‹-Läden hingegen werden potentiell aufgrund des Bequemlichkeitsfaktors sowie des erhöhten Zeitaufwands in einer leicht wachsenden Nische bleiben. Durch Richtlinien und Regulierungen von staatlicher Seite könnte rapide Druck zur Verpackungsabfallminderung entlang der Wertschöpfungskette auf den LEH, Unternehmen und Produktionsstätten ausgelöst werden.
[1] Kröger, M.; Goldkorn, F.; Pape, J. (2017): Die Wertschöpfungskette unverpackter Lebensmittel Perspektiven und Herausforderungen. Poster at: 14. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau. Web, 10.04.2020. orgprints.org/31508/1/Die%20Wertschöpfungskette%20unverpackter%20Lebensmittel%20–.pdf
[2] Scharpenberg, C. (2016): Ökobilanzielle Bewertung von Produkten eines verpackungsfreien Supermarktes. Diplomica Verlag GmbH.
[3] Hochschule für nachhaltige Entwicklung, Eberswalde (2018): Projekt unverpackt. Web, 27.04.2018. netzwerk-unverpackt.de/faq.html
[4] Hochschule für nachhaltige Entwicklung, Eberswalde (2018)
[5] Kröger, M; Goldkorn, F; Pape, J (2017)
[6] Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (2019): Der verpackungsfreie Supermarkt: Stand und Perspektiven. Über die Chancen und Grenzen des Precycling im Lebensmitteleinzelhandel „Projekt unverpackt“. Web, 16.01.2019. www.hnee.de/de/Fachbereiche/Landschaftsnutzung-und-Naturschutz/Team/Wissenschaftliche-Mitarbeiter/Dr.-Melanie-Kroeger/www.hnee.de/unverpackt
[7] Teufer, B. (2018): Zero Waste: Nachhaltiges Konsumverhalten zur Müllvermeidung und -reduktion in Österreich. Conference Paper.