Logo

Regionalwert AG

Steckbrief des Projekts "Sozial-ökologische Transformation des Ernährungssystems"

Regionalwert-AGs ermöglichen eine regionale, ökologische Produktion von Lebensmitteln, indem sie mithilfe von Bürgeraktien besonders nachhaltig wirtschaftende Betriebe aus Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel und Gastronomie finanzieren.

Ziel und Innovation

Das Ziel ist es, Produzenten und Produzentinnen mit verschiedenen Akteuren und Akteurinnen entlang der Wertschöpfungskette sowie mit Anteilseignern in der Bürgeraktiengesellschaft zusammenzubringen. Anteilseigner werden zu Konsumenten und Konsumentinnen und sollen dadurch über ihre Lebensmittelprodukte und vorgelagerte Prozesse bei der Wertschöpfung mitentscheiden, wodurch die lokale Ernährungssouveränität erhöht werden soll. Als Intermediär stellt die Regionalwert AG auch einen Anlaufpunkt für Hofgründungen und bei der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft dar. Erzeuger und Erzeugerinnen erhalten durch die Regionalwert AG die Möglichkeit, Anfangsinvestitionen für den Aufbau ihres Betriebes zu tätigen, die sie sonst nur schwierig auf dem Investorenmarkt erhalten würden. Durch den ausgeprägten regionalen Bezug wird die ländliche Entwicklung inklusive Stadt-Land Verbindung gefördert. Durch den geschlossenen Wertschöpfungskreislauf werden Arbeitsplätze geschaffen, Akteursgruppen vernetzt, Betriebe können sich kleinteilig spezialisieren und verpflichten sich zur Nachhaltigkeit, und es wird der ökologische Anbau begünstigt.[1]

Beispiele

Regionalwert AG in Freiburg, München, Hamburg, Rheinland, Berlin-Brandenburg

Kategorie

Vorleistung (Märkte), Produktion (Märkte), Verarbeitung (Märkte), Handel (Märkte), Konsum (Märkte)

Akteur*innen

Kapitalnehmer; Landwirtschaftliche Betriebe, Unternehmen, Kapitalgeber; Aktionäre und Aktionärinnen (Bürger), Kirchen, Stiftungen

Entwicklungsstand und -dynamik

Das Interesse an Regionalwert AGs steigt stark an. Allerdings erweist es sich teilweise als schwierig neue Regionen für das Projekt zu erschließen, wenn dort kaum noch regionale Strukturen vorhanden sind, was zu weiten Transportwegen führen würde. Auch die derzeit niedrigen Zinsen am Finanzmarkt lösen eine geringere Nachfrage bei teilnehmenden Betrieben aus. Neuartig ist jedoch, dass eine Nachfrage nach ethischen Investitionsmöglichkeiten wächst und mit einer ökologischen und sozialen Rendite bedient wird. Der Kapitalmarkt wird so um Investitionsmöglichkeiten für die Förderung des Gemeinwohls erweitert. Dank der transparenten Gemeinwohlberichterstattung können ökologische, soziale und ökonomische Ziele integriert und partizipativ erreicht werden.

Nachhaltigkeitspotenzial

Ökologisch

  • Biodiversität/Artenvielfalt (indirekt)
  • Boden (indirekt)
  • Wasser (indirekt)
  • Ressourceneffizienz in Produktion und Konsum (indirekt)
  • Förderung von regionalen, geschlossenen Nährstoffkreisläufen

Ökonomisch

  • Armutsbekämpfung (indirekt)
  • Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe
  • Unterstützung von Akteuren mit positiven externen Effekten
  • Erhöhung der Ernährungssicherheit
  • Förderung der Kreislaufwirtschaft (indirekt)
  • Faire Erzeugerpreise
  • Herstellen von Transparenz entlang der Wertschöpfungskette (indirekt)

Sozial

  • Gesundheit: Zugang zu gesunder Ernährung (indirekt)
  • Partizipation
  • Bewusstsein / Bildung für nachhaltige Ernährung (indirekt)
  • Tierwohl (indirekt)

Risiken / Nachteile

Der Aufwand für teilnehmende Betriebe ist aufgrund der formellen Anforderungen größer als Kredite für betriebliche Investitionen bei der Bank zu bekommen. Allerdings liegt der Mehrwert im Abbau vom Fremdkapital, dem verbesserten Vertrieb und der Vernetzung und Kooperation mit anderen Betrieben.[3] Bislang ist noch kein Fall bekannt, bei dem Aktien stark an Wert verloren haben. Um Risiken an dieser Stelle zu minimieren, müsste nach Expertenaussagen eine Lösung entwickelt werden, wie mit fehlgeschlagenen Investitionen umgegangen wird. Zudem richtet sich die Regionalwert AG an Menschen mit Investitionswillen und -möglichkeiten und bislang kaum an benachteiligte Bildungsschichten.

Fazit

Durch Regionalwert AGs können Bürger und Bürgerinnen mittels Bürgeraktien besonders nachhaltig wirtschaftende Betriebe aus Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel und Gastronomie finanzieren. Das Ziel ist es, Produzenten und Produzentinnen mit verschiedenen Akteuren und Akteurinnen entlang der Wertschöpfungskette sowie mit Anteilseignern in der Bürgeraktiengesellschaft zusammenzubringen. Die Regionalwert AG bietet eine ökonomische Lösung für eine ganzheitliche, ökologische, regionale Entwicklung und hat in dieser Hinsicht ein hohes Transformationspotenzial. Es wird weitere Neugründungen in einigen Regionen geben, die zu einer nachhaltigen, dezentralen, selbstbestimmten Entwicklung von Gemeinschaften beitragen. Ein flächendeckender Mainstream ist allerdings nicht zu erwarten, da die Regionalwert AG primär Menschen und Regionen mit Investitionswillen und –vermögen anspricht.


[1] Regionalwert AG Berlin-Brandenburg (2019a): Agrarwende selber machen. Web, 30.11.2019. www.regionalwert-berlin.de/darum-gehts/agrarwende-selber-machen

[2] Regionalwert AG Berlin-Brandenburg (2019b): Die Regionalwert AG – eine Erfolgsgeschichte mit Beginn in Freiburg. Web, 30.11.2019. https://www.regionalwert-berlin.de/darum-gehts/das-regionalwert-netzwerk

[3] Regionalwert AG (2009): Angebote und Kriterien zur finanziellen Beteiligung der Regionalwert AG an Unternehmen in der Region. S. 2. Web, 27.01.2020. www.regionalwert-ag.de/wp-content/uploads/2014/05/RWAG-Angebote-Kriterien-full.pdf