Steckbrief des Projekts "Sozial-ökologische Transformation des Ernährungssystems"
Als vegane Ernährung wird ein Konsumverhalten bezeichnet, das sich auf den Verzehr von in der Zusammensetzung rein pflanzlichen Produkten beschränkt und somit bewusst auf den Konsum von Lebensmitteln mit tierischen Inhaltsstoffen verzichtet.[1]
Die in den letzten 10-20 Jahren vermehrt wahrgenommenen Nachhaltigkeitsmissstände der landwirtschaftlichen Tierhaltung regen Menschen auf verschiedene Weise zu veganem Konsum an. Für 61% der Veganer und Veganerinnen in Deutschland ist Tierschutz das Hauptmotiv, während 8% angeben, sich gesünder ernähren zu wollen.[2] Da Tierleid bzw. das Töten von Tieren (einschließlich Fisch) integraler Teil der Fleischproduktion sowie der Produktion von Milchprodukten, Eiern und Honig ist (auch bei Bio-Betrieben), entscheiden sich Veganer und Veganerinnen für den Verzicht auf alle tierische Produkte.[3] Des Weiteren werden die vergleichsweise geringeren ökologischen Folgen pflanzlicher Produkte hervorgehoben, etwa in Bezug auf Treibhausgasemissionen und Nährstoffeinträgen in Böden und Gewässern, sowie die Entwaldung mit hohen Biodiversitätsverlusten durch die Futtermittelherstellung im außereuropäischen Ausland. Dieses Argument veranschaulichen zahlreiche Studien. So kann einer Studie zufolge eine vegane Ernährung zu 76% weniger Landverbrauch, 49% THG-Emissionen sowie ca. 49% weniger Eutrophierung führen.[4] Eine landwirtschaftliche Produktion mit weniger Tierhaltung und damit einhergehender Futtermittelherstellung könnte zudem auf gleicher Fläche deutlich mehr Menschen versorgen.[5] Darüber hinaus könnte der Wechsel zu einer veganen Ernährung (bei umsichtiger Durchführung) deutliche Gesundheitseffekte erzielen.[6] Bei weiterem Anstieg hat der vegane Lebensmittelkonsum das Potenzial, zu einem Wandel der Landwirtschaft mit weniger ökologischen und gesundheitlichen Belastungen, innerhalb von Deutschland und weltweit, beizutragen.
deutliche Zunahme von Produkten und Marken (›Impossible Burger‹, ›Oatly‹, ›Alpro‹), Kochbüchern (›Vegan for fun‹), öffentliche Feste (veganes Sommerfest Berlin mit zuletzt 65.000 Besuchern), Messen (PublikumsmesseVeggieWorld mit 20.000 Besuchern, medizinischer Fachkongress VegMed)
Konsum (Nutzerpraktiken, Normen, Werte und Leitbilder)
Konsumenten und Konsumentinnen, Restaurantbetreiber und -betreiberinnen, LEH, Produzenten und Produzentinnen, Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung, Prominente, Autoren und Autorinnen von Kochbüchern und Dokumentarfilmen, soziale Medien
Die ältesten historisch belegten Anhänger einer vegetarischen Ernährungsweise lebten im 6. Jahrhundert v.Chr. und entstammten der Religionsgemeinschaft der Orphiker und Orphikerinnen im alten Griechenland, die aufgrund des Glaubens an die Wiedergeburt der Seele von Menschen und Tieren Fleisch, Eier und Wolle mieden.[7] Zeitgleich entwickelte sich der Jainismus in Indien, welcher die Gewalt gegenüber allen Lebewesen, einschließlich Tieren und Pflanzen, und somit den Fleischkonsum untersagte.[8] Zur Zeit der Industrialisierung im 19 Jh. erhielt die fleischfreie Ernährung erneut große Aufmerksamkeit mit der Gründung von Tierschutzvereinen und Verbänden für Vegetarier und Vegetarierinnen. So wurde im Jahr 1847 in Großbritannien die Vegetarian Society gegründet, aus der 1944 die Vegan Society hervorging. In Deutschland wurde im Jahr 1946 die Vegetarier-Union Deutschlands gegründet, welche sich heute als ProVeg, mit anderen Organisationen wie der Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt, insbesondere auch für vegane Ernährungsweisen einsetzt.
Die Anzahl von vegan lebenden Menschen kann in Deutschland zwischen 950.000 Menschen[9] und 1,3 Millionen Menschen[10] angenommen werden. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2008 laut der Nationalen Verzehrsstudie II noch 80.000 Menschen.[11] Wegen der seit etwa einem Jahrzehnt stetig wachsenden Nachfrage nach veganen Produkten bietet das Handelssortiment immer mehr Vielfalt an veganen Fertig- und Ersatzprodukten bis hin zu Wurst- und Käseimitaten. Diese sind nicht mehr nur in Naturkostläden, sondern mittlerweile in nahezu jedem Supermarkt erhältlich.[12] Hier hat prozentual die Kennzeichnung ›vegan‹ mit 13% die Kennzeichnung ›vegetarisch‹ mit nur 7% Anteil bei der Neueinführung von deutschen Lebensmittel- und Getränkeprodukten überholt[13]. Die Anzahl veganer Restaurants, Cafés, Bistros sowie Restaurants, die neben klassischen Gerichten vegane anbieten, nimmt vor allem in den Ballungsräumen seitdem stetig zu.[14]
Ein potenzieller Nachteil bei einseitiger veganer Ernährung könnte ein Nährstoffmangel bei Konsumenten und Konsumentinnen sein. Nicht alle im LEH verfügbaren veganen Produkte sind als ökologischer oder gesundheitsfördernder einzustufen, wie das bspw. bei hochverarbeiteten Produkten der Fall sein kann.
Vegane Ernährung bezeichnet ein Konsumverhalten, das sich auf den Verzehr von rein pflanzlichen Produkten beschränkt und somit bewusst den Konsum von Lebensmitteln mit tierischen Inhaltsstoffen ausschließt. Die vegane Ernährung birgt hohe Umweltentlastungspotenziale und wird weitere Menschen zu einer rein veganen Ernährungsweise, aber vor allem auch viele Menschen zu einer anteilig veganen Ernährungsweise anregen dank eines wachsenden Lebensmittel-Angebots. Durch den Paradigmenwandel hat die Nische ein hohes Transformationspotenzial.
[1] Zu dem Konsum veganer Produkte kann im weitesten Sinne auch der Konsum veganer Kleidung, veganer Kosmetik und weiterer Alltagsgegenstände gezählt werden. Hierbei werden beispielsweise Kunststoffleder und Mikrofaserprodukte dem Leder gegenüber präferiert. Es wird auf Tierwolle, Pelze, Daunen, Tierborsten sowie Kosmetik verbunden mit Tierversuchen und tierischen Inhaltsstoffen verzichtet. Diese bewusste Ablehnung kann sich auch auf den gesamten Lebensstil und in verschiedene Bereiche übertragen, und somit können Zoos, Vivarien, Tiersportarten, Zirkusse usw. aufgrund der möglichen Ausbeutung von Tieren kritisch gesehen werden (vgl. Albert-Schweitzer-Stiftung (2016): Warum vegan? Gründe und Gegenargumente, Web, 02.01.2019. albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/warum-vegan)
[2] Skopos (2016): 1,3 Millionen Deutsche leben vegan. Web, 02.01.2019. www.skopos.de/news/13-millionen-deutsche-leben-vegan.html
[3] Zur Erläuterung: Es wird beispielsweise kritisiert, dass Milchkühe künstlich geschwängert und bei Abnahme ihrer Milchleistung geschlachtet werden; dass männliche Nachkommen noch in jungen Jahren als Kalb geschlachtet werden; dass es eine gängige Praxis ist, bei der Züchtung von Legehennen männliche Küken lebendig im Schredder oder durch Vergasung aus Gründen der wirtschaftlichen Rentabilität zu töten (vgl. Albert-Schweitzer-Stiftung 2016)
[4] Springmann et al. (2016): Mitigation potential and global health impacts from emissions pricing of food commodities. Nat. Clim. Change 7, S. 69–74doi:10.1038/nclimate3155
[5] Poore, J. und Nemecek, T. (2018): Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers. Science 360 (6392) 987-992, 01 Jun 2018, Web, 02.01.2019. 10.1126/science.aaq0216 ; The Guardian (2018): Avoiding meat and dairy is ‘single biggest way’ to reduce your impact on Earth. Web, 02.01.2019. www.theguardian.com/environment/2018/may/31/avoiding-meat-and-dairy-is-single-biggest-way-to-reduce-your-impact-on-earth
[6] Springmann et al. (2015): Analysis and valuation of the health and climate change cobenefits of dietary change. PNAS April 12, 2016 113 (15) S. 4146-4151. https://doi.org/10.1073/pnas.1523119113
[7] ProVeg Deutschland(2019a): Geschichte des Vegetariusmus und Veganismus. Web, 02.01.2019. vebu.de/veggie-fakten/geschichte-des-vegetarismus-und-veganismus/
[8] ProVeg (2019a)
[9] Statista (2017): Personen in Deutschland, die sich selbst als Veganer einordnen oder als Leute, die weitgehend auf tierische Produkte verzichten, in den Jahren 2015 bis 2019. Web, 09.04.2020. de.statista.com/statistik/daten/studie/445155/umfrage/umfrage-in-deutschland-zur-anzahl-der-veganer/
[10] Skopos (2016)
[11] BMEL (2008): Nationale Verzehrsstudie II: Wie sich Verbraucher in Deutschland ernähren, Web, 02.01.2019. www.bmel.de/DE/Ernaehrung/GesundeErnaehrung/_Texte/NationaleVerzehrsstudie_Zusammenfassung.html
[12] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) (2016): Vegane Ernährung. Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Ernährungs Umschau 63(04), S. 92–102
[13] MINTEL (2017): Global new products database. Web, 02.01.2019. de.mintel.com/pressestelle/deutschland-die-nr-1-bei-veganen-lebensmitteleinfuehrungen
[14] Acxiom (2016): Vegetarier: weiblich, urban, markeninteressiert. Web, 02.01.2019. www.acxiom.de/vegetarier-weiblich-urban-markeninteressiert/; Vebu (2019b): Vegan-Trend. Fakten zum veggie-boom. Web, 02.01.2019. vebu.de/veggie-fakten/entwicklung-in-zahlen/vegan-trend-fakten-zum-veggie-boom/
Anzahl der Veganer in Deutschland - 140+ Fakten (2022). (2022, June 5). https://veganivore.de/anzahl-veganer-statistiken-fakten/